Um vielleicht doch mal über das 'Hallo', 'Danke' und 'Auf Wiedersehen' hinauszukommen, besuche ich also seit letztem Montag einen Albanisch Sprachkurs. Ziemlich Glück hatte ich dabei. Denn seit Montag findet hier an der Uni Prishtina ein Sprachkurs statt. Erfahren davon hatte ich erst 2 Tage vorher, nachdem ich im Auslandsamt der Uni nach einem Sprachkurs gefragt hatte. Wie das hier so läuft (ich lerne es...) macht man sich keine Gedanken um Anmeldungen o.ä. sondern erscheint einfach zur Eröffnungsveranstaltung. Das taten wir dann auch – und nach einer feierlichen Eröffnung, dem Fernsehen vor Ort, einer Rede durch den Bildungsministern und einem anschließenden Ausklang bei Schweppes-Dose und Buffet fragte ich mich mehr und mehr, was sich denn nun eigentlich hinter diesem 'Sprachkurs' verbirgt.
Es handelt sich dabei um das 'International Seminar for Albanian Language, Literature and Culture'. Dies ist ein zweiwöchiges Seminar, das 1974 von der Uni Prishtina gegründet wurde, sich an Studierende, Professoren und Forscher richtet und neben albanischen Sprachkursen auf drei unterschiedlichen Niveaus weitere Fachvorträge und Veranstaltungen rund um das Thema albanische Sprache und Literatur (diese sind leider alle auf Albanisch, so dass ich nicht daran teilnehme) beinhaltet. Es ist wohl ziemlich renommiert und ein sehr großes Event im Land. Es fand ab 1974 jährlich statt, musste dann ab 1989 aufgrund der Unterdrückung der albanischen Kultur durch die serbische Regierung ausgesetzt werden, und findet seit 2000 nun aber wieder regelmäßig statt. Es wird komplett finanziert durch das kosovarische Bildungsministerium. All diese Info über das Seminar an sich finde ich erst im Laufe der Woche heraus und finde es ein wenig skurril muss ich sagen. Die Teilnehmenden sind für 2 Wochen im Grand Hotel untergebracht und werden komplett versorgt (das fällt bei uns natürlich weg – wir haben ja unsere Wohnung), es kostet sie keinen Pfennig, sogar eine Exkursion inkl. Essengehen ist mit dabei. Wir werden ausgestattet mit Mappen, Albanischbüchern, Stiften und Papier. Eine wirkliche Bewerbung findet nicht statt, laut Teilnehmer schickt man 'einfach mal ne Email an die Uni' und gut ist. (Also Leute – die Chance 2 Wochen bezahlten Urlaub in Prishtina nächstes Jahr zu machen!!) Ist natürlich eine tolle Sache, aber ich hoffe dabei auch, dass eben so viel in die Ausbildung der eigenen Landsleute gesteckt wird....
Nun denn, alle Lernwütigen werden also in drei unterschiedliche Niveaus aufgeteilt und sammeln sich in ihren Kursen, in denen sie zweimal täglich 1,5 Stunden Albanischunterricht haben. Kommen wir nun zu meinem lieben Anfänger-Anfänger Kurs, in dem ich mich schon fast ein wenig heimisch fühle. Ich liebe ja Sprachkurse sowieso, aber Sprachkurse in einer derart fremden Sprache machen aufgrund der vielen Verwirrungen, des Durcheinanders und der zusammenschweißenden Verzweiflung einfach doppelt so viel Spaß. Wir sind ein kleiner Kurs. Angeführt von der strengen aber unglaublich herzlichen Juliana aus Tirana, auf die man jeden Morgen wieder gespannt sein kann, was sie denn aus ihrem Kleiderschrank gezaubert hat – knallenge Seidenhosen, Leoparden-Pumps, durchsichtige Rüschenblusen, knallrosa Lippenstift, blauer Lidschatten, ein enges Tshirt mit einem glitzernden Schwein drauf, das für sie – wie sie uns herzlich lachend schildert – ein Symbol für Gjermania ist. Wieso genau, das kriegen wir leider nicht raus. Jeden Morgen begrüßt sie uns gütig auf albanisch und möchte uns gleich ins Gespräch verwickeln. Das klappt meistens nicht und man versucht sich des öfteren im Kurs gegenseitig auszuhelfen, da fliegen auf einmal irgendwelche Erklärungen auf Spanisch, Französisch, Englisch, Italienisch und Deutsch umher. Zu verwirrend. Zu herrlich! Zu ihrem Ritual jeden morgen gehört, einen neuen Satz einzuführen. Dann heißt es 'Ok from now on you are not allowed anymore to say 'I have a question', but instead you say 'qziwohaoiqzwowizeowehwoewoew' So kommt das bei mir dann ungefähr immer an und ich sage dann lieber gar nix mehr. Fragen habe ich auf einmal auch gar nicht mehr! Mit einer Leichtigkeit in ihrer Stimme fordert sie dich blitzartig auf, an die Tafel zu gehen und dort irgendwelche wilden Konjugationen vorzuführen. Einspruch zwecklos. Aber ihre Devise lautet immer: Zuckersüß! Und wenn man nicht zugehört hat oder etwas zu oft fragt, dann kommt mit einem strafenden Blick und vorwurfsvoller Stimme 'I explained you today....'. Ich stehe jeden morgen eine halbe Stunde früher auf und mache noch meine Hausaufgaben...
Neben Juliana ist da also eine Nordengländerin, die einen kosovarischen Ehemann hat, ein Psychologe aus Berlin, der durch seine Betreuung von Flüchtlingen einen Bezug zum Kosovo hat und wirklich der strebsamste und ehrgeizigste Schüler aller Zeiten ist, eine Italienierin, für die Juliana alles noch ins italienische übersetzt, da sie kein Wort Englisch spricht (und ich so auch nicht genauer weiß, was sie tut), ein netter Pole mit langem Bart, der seinen Vater – einen Eulex Mitarbeiter – in Prishtina besucht, ein Deutscher, der seine Doktorarbeit über die 'Ethnische Separierung' o.ä. schreibt, ein ruhiger und runder tschechischer Professor, eine Österreicherin, die lange in Mazedonien gearbeitet hat und viel mit Albanern zu tun hatte und zwei französische Kinder, deren Eltern ursprünglich aus dem Kosovo kommen und die ihre Muttersprache leider nur wenig sprechen (und wenn, dann grölen sie irgendwas in den Unterricht rein, worauf sie von Juliana Ärger kriegen, dass sie nicht solch einen Slang sprechen sollen – dazu muss man sagen, dass Juliana ja aus Tirana, Albanien kommt und sich das Albanisch dort zu dem kosovarischen Albanisch wohl sehr unterscheidet). Albanien ist sprachlich gesehen (naja oder auch kulturell wie einige behaupten) in zwei Dialekte gespalten, im Süden spricht man Toskisch, was als Hoch-Albanisch bezeichnet wird und die 'offizielle Sprache' des Landes ist, in Nordalbanien spricht man Gegisch, einen starken Dialekt. Tirana bildet hierbei ungefähr die Grenze. Das Albanisch im Kosovo gleicht wohl eher dem Gegischen. Wenn ich Mumsen mit meinen gelernten Vokabeln nerve, stellen wir schon öfter fest, dass er ganz andere Worte benutzt oder die Worte auch nicht kennt (er kommt ursprünglich aus dem Norden des Kosovos).
Man man da sind jedenfalls schon interessante Sprachen vertreten, die die anderen in petto haben: mazedonisch, serbisch, creolisch, griechisch, bulgarisch..
Für mich ist es unglaublich schwer. Zum ersten Mal lerne ich eine andere Sprache als eine romanische oder germanische Sprache. Man kann sich kaum etwas herleiten oder Parallelen zu Bekanntem feststellen, hinzu kommt, dass Albanisch (so ähnlich wie Polnisch vielleicht?) mit 5 verschiedenen Fällen ziemlich verwirrend ist, die Namen verändern sich je nach Fall (aus Boris wird Borisit), Nomen verändern sich je nach dem ob sie bestimmt oder unbestimmt gebraucht werden (aus Prishtina wird Prishtine...diese Regel werde ich sicher lange nicht anwenden können...)Ich kann mir Worte einfach partout nicht merken (abgesehen von meinen 3 Standardwörtern...). Der Klang ist natürlich fern ab von allem, was ich kenne. Momentan kämpfe ich noch gegen meine spanische Aussprache der Wörter an. Aber ich bin ja viel mit Mumsen unterwegs und lausche seinen Floskeln, die ich mittlerweile auch schon woanders wieder raushören kann...und zu gerne die ganze Zeit vor mich hin sage. Natürlich in den unpassendsten Situationen. Es wird! In 3 Monaten erzähle ich euch bestimmt schon ne kleine Geschichte :) Auf jeden Fall wird hier jeglicher Versuch, albanisch zu sprechen, sehr herzlich aufgenommen und die Einwohner freuen sich richtig. Auch wenn sie dann oft lieber auf Deutsch umschweifen, das hier wirklich viele Leute sprechen (bzw. einige Floskeln eben nur). Meine Hemmschwelle ist auch noch recht groß, Gelerntes einfach mal auszusprechen (hängt bestimmt auch damit zusammen, dass man jedes Mal danach n Knoten in der Zunge hat...).
Aber, 3 Tage Kurs kommen ja noch! Bei der OSZE habe ich schon nach einem möglichen Platz in einem Sprachkurs für Mitarbeiter angefragt. Aber DAS ist dann sicherlich eine andere Geschichte...