eingeweiht am 17. Februar 2008

eingeweiht am 17. Februar 2008
Newborn Denkmal in Prishtina, eingeweiht am 17. Februar 2008.Aufbruch in eine neue Zukunft!

Mumsen und Lisa mitten drin!

Mumsen und Lisa mitten drin!
Mumsen und Lisa mitten drin!

Nach 3 Monaten

Nach 3 Monaten
Ein Bild zum Abschied - der Winter ist fast da, Lisa hat eine neue Frisur, Mumi eine neue Sitzhaltung....und wir sind voller Erlebnisse und Eindrücke....

Mire se vini

Ludwigsburg / Lüneburg 01.11.2010

Wir sind wieder zurück!

Der Aufenthalt im Kosovo ist beendet und wir sind mit unglaublichen Eindrücken, Erlebnissen, Fragen, Unsicherheiten und Erfahrungen zurückgekehrt in den Alltag. Als Erinnerung bleibt nicht nur dieser Blog!


Wer sind wir und was machen wir hier?

Wir sind Muhamet und Lisa, zwei Studierende von der PH Ludwigsburg bzw. Uni Lüneburg. Dank eines ASA Stipendiums haben wir die Möglichkeit bekommen, hier in Prishtina, Kosovo ein Projekt durchzuführen.

Hier auf diesem Blog wollen wir euch mit kleinen Anekdoten, Geschichten, Gedanken an unseren Erfahrungen Teil haben lassen. Es wird hoffentlich interessant, lustig, nachdenklich, schrill, aufklärend und und und. Rechts unter der Rubrik 'Seiten' findet ihr unsere Projektbeschreibungen und jeweilige Entwicklungen.

Viel Spaß wünschen wir!

Montag, 30. August 2010

(lisa) Projekt.....mittendrin! und Nachtrag

(lisa 29.08.2010)
Projekt.....mittendrin!


Meine Projektidee konntet ihr ja nun mittlerweile schon begutachten. Und ich würde sagen, ich stecke mittendrin. Das Konzept ist fertig, ab morgen wird es das dann hoffentlich auch in Albanisch geben. Das hängt davon ab, ob die zuckersüße Juljana es rechtzeitig schafft, das Dokument zu übersetzen. Zum Ende unseres Kurses hat sie uns ganz lieb ihre Hilfe angeboten, bei allem was kommen mag, auch wenn wir mal nach Tirana kommen wollen, dann wäre sie uns behilflich bei Hotelsuche etc. Naja, ich dachte ich könnte gleich mal ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Da die Hauptaufgabe ja nun darin besteht, Bewohner Prishtinas ausfindig zu machen, die sich zu einem Interview bereit erkären, habe ich einen Flyer entworfen. Mir gefällt der eigentlich schon ganz gut und eigentlich will ich den diese Woche in den Druck geben, damit ich dann ganz wild flyern kann. Über 5 Ecken habe ich nun auch Kontakt mit einem Studenten, der irgendeine Art Student-Center leitet, naja jedenfalls etwas, wo es Mail-Verteiler und somit eine Verbindung zu den Studis von hier gibt. Damit wäre schon mal eine Bevölkerungsgruppe abgedeckt. Die Mail ist schon verfasst und wird diese Woche auch rausgeschickt. Ich hoffe, mein Telefon wird nicht mehr still stehen :) Das erste Interview habe ich auch schon hinter mir. Mit einem 24jährigen, den ich letzte Woche in einer Bar kennengelernt habe und der recht gut Englisch sprach. Er war gleich sehr interessiert und da habe ich ihn gefragt, ob er nicht mein erster Interviewpartner sein will. Gesagt getan! Ich bin zufrieden und erleichtert, dass ich das 1. Interview hinter mir hab, aber ich denke es gibt auf jeden Fall Verbesserungsbedarf. Das Interview war definitiv zu lang. 1:50 Std. Ich muss wohl doch ein wenig spezifischer fragen oder mir einen generellen Fragenkatalog zusammenstellen, mit Fragen, die ich dann allen stelle. Ich denke, ich sollte die Interviews auf 30min verkürzen und dann vielleicht noch höchstens 30min Extrazeit gewähren. Es wird zwar sicher super interessant werden, aber ich will mich ja nicht dumm und dämlich transkribieren....
Mein erster Interviewpartner war wie gesagt ein 24jähriger Arbeitnehmer, der sein ganzes Leben in Prishtina gelebt hat. Er hat sehr ergreifende, interessante Dinge erzählt, crasse Geschichten, die auch bei mir hervorriefen, 'that your hair goes up like this'. Den Krieg scheint er garnicht so ernst genommen zu haben, er war 14 Jahre alt bei Kriegsausbruch und erst im Rückblick erkannte er, in was für einer Gefahr er sich mit seiner Familie eigentlich befand, als sie z.B. auf ihrer Flucht von Prishtina nach Prizren (südlich von Pristhtina) in ein 2stündiges Kugelgefecht zwischen serbischem Militär und UCK (Kosovarische Befreiungsarmee) Kämpfern gerieten. Jetzt im Nachhinein wird ihm klar, was seine Eltern für eine schreckliche Angst vor dem Krieg hatten. Gelassen erzählt er, wie er Experte für Bomben und Militärflugzeuge wurde, er konnte immer sofort erkennen um welches Modell etc. es sich handelte (und entschuldigte sich dann, einiges wohl wieder vergessen zu haben). Er sah den Krieg für sehr nötig; die ethnischen Säuberungen und Unterdrückung der Albaner durch die serbische Regierung konnten so ja nicht weitergehen. Aber er hatte auch schon immer serbische Freunde und wünscht sich einen friedlichen Umgang beider Bevölkerungsgruppen miteinander. Er könne aber auch verstehen, dass z.B. sein Freund, der während des Krieges stundenlang zusehen musste, wie seine Mutter und seine Schwester von serbischen Soldaten vergewaltigt und misshandelt wurden, immer noch kein Wort mit einem serbischen Bürger sprechen kann. Wenn ich so etwas höre, stoße ich schon fast an meine Grenzen des Verständlichen. Ich frage mich, was alles passieren muss, um einen Dialog zu schaffen, um wahren Frieden zu erreichen zwischen den Ethnien, um die Vergangenheitsbewältigung voranzubringen. Junge Generation – es gibt viel zu tun! Hajde Hajde!
Mein nächster Termin steht am Dienstag an. Wir haben 10 Minuten (!!!) Sendezeit in einer Radioshow erhalten. Das war garnicht so schwierig zu bewerkstelligen. Mit dem besagten Studenten von diesem Studenten-Center haben wir uns einfach mal vorgestellt und schwupp, nach ein paar Verhandlungen stand es auch schon fest. Eigentlich müsste man ja für Marketing auch was bezahlen, aber da ich ja etwas für Prishtina mache, 'würden sie mich da schon unterstützen'....aufregend! Nach einer kleinen Tour durch die Radiostudios, wo überall an den Türen das 'on air' blinkte, bin ich nun doch ein wenig aufgeregt. Aber zum Glück muss Mumsen das Moderieren ja übernehmen. Nach einem kleinen Entwurf eines Moderationstextes gestern und einer bühnenreifen kleinen Übung, wie er das denn so alles rüberbringen wolle und sich dabei eh nicht an den vorgegebenen Text halten wolle, bin ich ganz zuversichtlich. Er wird daraus schon eine gekonnte 'Ein Mann Show' machen (wie es seine Freundin so treffend formulierte :)
Aber das....wie war das....ach ja, DAS ist dann sicher eine andere Geschichte! 



Nachtrag
Von wegen....Ein Mann Show....da hatte ich mich geschnitten. Wir kamen also pünktlich um 8.20h im Radiosender an und wurden auch glücklicherweise erwartet. Die dubiose Absprache hatte also wirklich funktioniert...grandios!!...und alle wussten Bescheid. Die Moderatorin der Sendung kam zu uns und stellte sich kurz vor. Sie hatte diese übertriebene freundliche Gute-Laune-Stimme aufgelegt und sprach vor allem fließend Englisch. Nachdem sie feststellte, dass auch ich gut Englisch spreche, wollte sie das Interview bzw. die Projektpräsentation doch lieber direkt auf Englisch mit mir machen und dann live übersetzen. Gut! Mein Herz begann wie wild zu klopfen und ich glaube, ich hatte einige Schweißausbrüche. Eigentlich hatte ich ja geplant, nur daneben zu sitzen, während Mumsen schön auf Albanisch seine Reden schwingt. In Windeseile habe ich nochmal mein Konzept durchgelesen und versucht, mir einige Formulierungen bzw. Hauptaussagen zu überlegen. Die 10 Minuten Sendung verliefen super, die nette Moderatorin hat Fragen gestellt, auf die man sehr gut antworten konnte. Bei unserem kleinen Auftritt ging es vor allem darum, die Bevölkerung aufzurufen, uns für ein kleines Interview zur Verfügung zu stehen und uns von ihrem persönlichen Lieblingsplatz in Prishtina zu berichten. Mumi meinte, man hat gemerkt, wie sehr ich in der Materie drinstecke und dass es alles sehr gut rübergekommen sei. Naja, wenigstens etwas ;) Meinen Adrenalinpegel konnte ich trotzdem erst im Laufe des Nachmittags wieder einigermaßen bändigen. Maaaaaan, das war wirklich unglaublich spannend!!
Von der Sendung gibt’s leider keinen Mitschnitt aber die nette Moderatorin meinte, sie hätte noch eine andere Show, für die sie mich gerne nochmal einladen würde. Dann hätte man auch mehr Zeit, außerdem wäre das nicht live, so dass ich dann bestimmt einen Mitschnitt kriegen würde! Hoffentlich wird’s was! Viele Rückmeldung für Interviews gibt’s leider noch nicht....

Dienstag, 24. August 2010

(mumsen) Vortrag des Aussenministers Hyseni an der Uni und meine Frage....

Die albanische Diaspora und ihre Rolle....


Seit ich hier im Kosovo bin und weiß, dass ich für einen längeren Zeitraum hier sein werde, stellen sich mir viele Fragen. Es sind Fragen, die schon seit langem in einem sind und viele Albaner (so glaube ich) aus der Diaspora beschäftigen.

Im Rahmen des Seminars an der Universität in Prishtine wird am Montag der Außenminister Skender Hyseni zum Thema „ Internationale Konsolidierung des Staates Kosovo“ referieren.

Ich kann nicht leugnen, dass ich im Rahmen dieser Vorlesung insbesondere auf den Aspekt der Rolle der Diaspora-Albaner gespannt bin.

Im Kosovo ist es gerade so, dass jeder zweite, mit dem man kommuniziert und der aus dem Ausland kommt, zu hören kriegt, dass sie hier sind um ihre Staatsangehörigkeit aufzugeben.

In mehrfacher Hinsicht ist diese Entwicklung erschreckend - sowohl für die Person selbst, als auch für das Land in dem sie lebt, sowie für den jungen Staat Kosovo.

Wenn man von einer Konsolidierung spricht, also einer „Sicherung oder Festigung von etwas Bestehendem“ so ist zu hinterfragen, inwiefern das Bestehende und dessen Festigung ohne die Albaner der Diaspora zu erreichen ist?

Die Albaner der Diaspora, insbesondere jene aus dem Kosovo, um die es hier überwiegend geht, haben einen unglaublichen Anteil am Erfolg dieses Staates. Egal aus welcher Ecke der Welt sie agiert haben, sie haben es mit vollem Herzen und voller Tatkraft getan. In der Zeit, in der sie jedoch agierten, konnten sie nie direkte Rechte, hierbei ganz besonders zu erwähnen, das Wahlrecht, in Anspruch nehmen. Dieses Mittel der politischen Partizipation und als wesentliches und wichtigstes Instrument der Demokratie war ihnen stets verwehrt. In Zeiten, in denen sie es nun nutzen könnten, geben sie es ab. Wie sollen sie ihrer Rolle zur Konsolidierung nur beikommen? Wenn sie nicht politisches Interesse und politische Partizipation praktizieren können?

Für die Person, die ihre Staatsangehörigkeit aufgibt entstehen neue Möglichkeiten. Sie kann an einem neuen System partizipieren ( in Deutschland wählen) und ihren individuellen Werdegang und ihre Ressourcen erweitern durch die Aufgabe einer Staatsangehörigkeit und den Gewinn einer anderen. Jedoch lässt sich nicht abstreiten, dass im gefühlten Zwischenraum oft Konflikte bestehen. Eine absolute Teilhabe und eine Brückenfunktion mit entwicklungspolitischen Änderungsmöglichkeiten ist nicht mehr gegeben.

Der Staat der viele Menschen als Staatsbürger verliert, verliert viel Potenzial. Das Potenzial des Staatsvolkes schwindet und er schaut einfach tatenlos zu. Es ist verwunderlich.

Hinzugefügt nach dem Vortrag des Ministers:

Nach dem Gespräch mit dem Außenminister wird ersichtlich, dass es keine Linie gibt. Auf meine Frage: „Welche Rolle spielen die Auslandsalbaner und insbesondere der Aufbau von Konsulaten, die funktionieren, zur Konsolidierung?“ muss er eingestehen, dass es keinen Plan gibt dafür und dass es (mal wieder) daran liegt, dass wir keine „Tradition hätten wegen der Unterdrückung und wegen der nicht vorhandenen menschlichen ausgebildeten Ressourcen“. Es ist ersichtlich, wie wenig ausgeprägt das Interesse an den Auslandsalbanern ist. Es gibt genug gut ausgebildete Leute, die einen guten Abschluss haben in Deutschland und die diese Funktion übernehmen könnten. Das Bildungsministerium hat sogar eine Brain Gain Programm gestartet und schon alleine in dieser Datenbank müssten sich Leute finden. Wenn aber der Wille nicht da ist, dann wird sich das auch nicht ändern.

Sonntag, 22. August 2010

(lisa) Der Sprachkurs...

Um vielleicht doch mal über das 'Hallo', 'Danke' und 'Auf Wiedersehen' hinauszukommen, besuche ich also seit letztem Montag einen Albanisch Sprachkurs. Ziemlich Glück hatte ich dabei. Denn seit Montag findet hier an der Uni Prishtina ein Sprachkurs statt. Erfahren davon hatte ich erst 2 Tage vorher, nachdem ich im Auslandsamt der Uni nach einem Sprachkurs gefragt hatte. Wie das hier so läuft (ich lerne es...) macht man sich keine Gedanken um Anmeldungen o.ä. sondern erscheint einfach zur Eröffnungsveranstaltung. Das taten wir dann auch – und nach einer feierlichen Eröffnung, dem Fernsehen vor Ort, einer Rede durch den Bildungsministern und einem anschließenden Ausklang bei Schweppes-Dose und Buffet fragte ich mich mehr und mehr, was sich denn nun eigentlich hinter diesem 'Sprachkurs' verbirgt.
Es handelt sich dabei um das 'International Seminar for Albanian Language, Literature and Culture'. Dies ist ein zweiwöchiges Seminar, das 1974 von der Uni Prishtina gegründet wurde, sich an Studierende, Professoren und Forscher richtet und neben albanischen Sprachkursen auf drei unterschiedlichen Niveaus weitere Fachvorträge und Veranstaltungen rund um das Thema albanische Sprache und Literatur (diese sind leider alle auf Albanisch, so dass ich nicht daran teilnehme) beinhaltet. Es ist wohl ziemlich renommiert und ein sehr großes Event im Land. Es fand ab 1974 jährlich statt, musste dann ab 1989 aufgrund der Unterdrückung der albanischen Kultur durch die serbische Regierung ausgesetzt werden, und findet seit 2000 nun aber wieder regelmäßig statt. Es wird komplett finanziert durch das kosovarische Bildungsministerium. All diese Info über das Seminar an sich finde ich erst im Laufe der Woche heraus und finde es ein wenig skurril muss ich sagen. Die Teilnehmenden sind für 2 Wochen im Grand Hotel untergebracht und werden komplett versorgt (das fällt bei uns natürlich weg – wir haben ja unsere Wohnung), es kostet sie keinen Pfennig, sogar eine Exkursion inkl. Essengehen ist mit dabei. Wir werden ausgestattet mit Mappen, Albanischbüchern, Stiften und Papier. Eine wirkliche Bewerbung findet nicht statt, laut Teilnehmer schickt man 'einfach mal ne Email an die Uni' und gut ist. (Also Leute – die Chance 2 Wochen bezahlten Urlaub in Prishtina nächstes Jahr zu machen!!) Ist natürlich eine tolle Sache, aber ich hoffe dabei auch, dass eben so viel in die Ausbildung der eigenen Landsleute gesteckt wird....
Nun denn, alle Lernwütigen werden also in drei unterschiedliche Niveaus aufgeteilt und sammeln sich in ihren Kursen, in denen sie zweimal täglich 1,5 Stunden Albanischunterricht haben. Kommen wir nun zu meinem lieben Anfänger-Anfänger Kurs, in dem ich mich schon fast ein wenig heimisch fühle. Ich liebe ja Sprachkurse sowieso, aber Sprachkurse in einer derart fremden Sprache machen aufgrund der vielen Verwirrungen, des Durcheinanders und der zusammenschweißenden Verzweiflung einfach doppelt so viel Spaß. Wir sind ein kleiner Kurs. Angeführt von der strengen aber unglaublich herzlichen Juliana aus Tirana, auf die man jeden Morgen wieder gespannt sein kann, was sie denn aus ihrem Kleiderschrank gezaubert hat – knallenge Seidenhosen, Leoparden-Pumps, durchsichtige Rüschenblusen, knallrosa Lippenstift, blauer Lidschatten, ein enges Tshirt mit einem glitzernden Schwein drauf, das für sie – wie sie uns herzlich lachend schildert – ein Symbol für Gjermania ist. Wieso genau, das kriegen wir leider nicht raus. Jeden Morgen begrüßt sie uns gütig auf albanisch und möchte uns gleich ins Gespräch verwickeln. Das klappt meistens nicht und man versucht sich des öfteren im Kurs gegenseitig auszuhelfen, da fliegen auf einmal irgendwelche Erklärungen auf Spanisch, Französisch, Englisch, Italienisch und Deutsch umher. Zu verwirrend. Zu herrlich! Zu ihrem Ritual jeden morgen gehört, einen neuen Satz einzuführen. Dann heißt es 'Ok from now on you are not allowed anymore to say 'I have a question', but instead you say 'qziwohaoiqzwowizeowehwoewoew' So kommt das bei mir dann ungefähr immer an und ich sage dann lieber gar nix mehr. Fragen habe ich auf einmal auch gar nicht mehr! Mit einer Leichtigkeit in ihrer Stimme fordert sie dich blitzartig auf, an die Tafel zu gehen und dort irgendwelche wilden Konjugationen vorzuführen. Einspruch zwecklos. Aber ihre Devise lautet immer: Zuckersüß! Und wenn man nicht zugehört hat oder etwas zu oft fragt, dann kommt mit einem strafenden Blick und vorwurfsvoller Stimme 'I explained you today....'. Ich stehe jeden morgen eine halbe Stunde früher auf und mache noch meine Hausaufgaben...
Neben Juliana ist da also eine Nordengländerin, die einen kosovarischen Ehemann hat, ein Psychologe aus Berlin, der durch seine Betreuung von Flüchtlingen einen Bezug zum Kosovo hat und wirklich der strebsamste und ehrgeizigste Schüler aller Zeiten ist, eine Italienierin, für die Juliana alles noch ins italienische übersetzt, da sie kein Wort Englisch spricht (und ich so auch nicht genauer weiß, was sie tut), ein netter Pole mit langem Bart, der seinen Vater – einen Eulex Mitarbeiter – in Prishtina besucht, ein Deutscher, der seine Doktorarbeit über die 'Ethnische Separierung' o.ä. schreibt, ein ruhiger und runder tschechischer Professor, eine Österreicherin, die lange in Mazedonien gearbeitet hat und viel mit Albanern zu tun hatte und zwei französische Kinder, deren Eltern ursprünglich aus dem Kosovo kommen und die ihre Muttersprache leider nur wenig sprechen (und wenn, dann grölen sie irgendwas in den Unterricht rein, worauf sie von Juliana Ärger kriegen, dass sie nicht solch einen Slang sprechen sollen – dazu muss man sagen, dass Juliana ja aus Tirana, Albanien kommt und sich das Albanisch dort zu dem kosovarischen Albanisch wohl sehr unterscheidet). Albanien ist sprachlich gesehen (naja oder auch kulturell wie einige behaupten) in zwei Dialekte gespalten, im Süden spricht man Toskisch, was als Hoch-Albanisch bezeichnet wird und die 'offizielle Sprache' des Landes ist, in Nordalbanien spricht man Gegisch, einen starken Dialekt. Tirana bildet hierbei ungefähr die Grenze. Das Albanisch im Kosovo gleicht wohl eher dem Gegischen. Wenn ich Mumsen mit meinen gelernten Vokabeln nerve, stellen wir schon öfter fest, dass er ganz andere Worte benutzt oder die Worte auch nicht kennt (er kommt ursprünglich aus dem Norden des Kosovos).
Man man da sind jedenfalls schon interessante Sprachen vertreten, die die anderen in petto haben: mazedonisch, serbisch, creolisch, griechisch, bulgarisch..
Für mich ist es unglaublich schwer. Zum ersten Mal lerne ich eine andere Sprache als eine romanische oder germanische Sprache. Man kann sich kaum etwas herleiten oder Parallelen zu Bekanntem feststellen, hinzu kommt, dass Albanisch (so ähnlich wie Polnisch vielleicht?) mit 5 verschiedenen Fällen ziemlich verwirrend ist, die Namen verändern sich je nach Fall (aus Boris wird Borisit), Nomen verändern sich je nach dem ob sie bestimmt oder unbestimmt gebraucht werden (aus Prishtina wird Prishtine...diese Regel werde ich sicher lange nicht anwenden können...)Ich kann mir Worte einfach partout nicht merken (abgesehen von meinen 3 Standardwörtern...). Der Klang ist natürlich fern ab von allem, was ich kenne. Momentan kämpfe ich noch gegen meine spanische Aussprache der Wörter an. Aber ich bin ja viel mit Mumsen unterwegs und lausche seinen Floskeln, die ich mittlerweile auch schon woanders wieder raushören kann...und zu gerne die ganze Zeit vor mich hin sage. Natürlich in den unpassendsten Situationen. Es wird! In 3 Monaten erzähle ich euch bestimmt schon ne kleine Geschichte :) Auf jeden Fall wird hier jeglicher Versuch, albanisch zu sprechen, sehr herzlich aufgenommen und die Einwohner freuen sich richtig. Auch wenn sie dann oft lieber auf Deutsch umschweifen, das hier wirklich viele Leute sprechen (bzw. einige Floskeln eben nur). Meine Hemmschwelle ist auch noch recht groß, Gelerntes einfach mal auszusprechen (hängt bestimmt auch damit zusammen, dass man jedes Mal danach n Knoten in der Zunge hat...).
Aber, 3 Tage Kurs kommen ja noch! Bei der OSZE habe ich schon nach einem möglichen Platz in einem Sprachkurs für Mitarbeiter angefragt. Aber DAS ist dann sicherlich eine andere Geschichte...

Mittwoch, 18. August 2010

(mumsen) Jetzt die Wahrheit - mein Blick auf die 1. Woche....

Seit einer Woche bin ich mit Lisa, alias Schlandschwester, im Kosovo und muss sagen wir machen Fortschritte. Bedenkt man die ganze Entwicklung dieses Projektes, so muss man sagen, dass alles verrückt verlaufen ist. Erst haben wir was ganz anderes geplant und uns für was anderes beworben (nämlich für ein Projekt in Albanien), mussten dann alles umwerfen und eine Woche vor dem zweiten Vorbereitungsseminar nochmals neu planen.

Eine Tugend der Albaner, die auch hier ersichtlich wird vor Ort, hat uns sehr dabei geholfen: Die Tugend der persönlichen Gespräche. Nach einem kurzen Gespräch mit Imer Lladrovci, dem Vizekonsul der Republik Kosova in Stuttgart, sowie einigen langen schlaflosen Nächten wegen der Ausarbeitung des Projektes, waren wir im Kosovo gelandet. Jetzt sind wir hier und es läuft genau so weiter. Ich schleppe Schlandschwester überall hin und mach sie bekannt mit allen, die hier was zu sagen haben (und jenen, die es nicht tun). So kam es auch gleich, dass wir in unserem ersten Aufenthaltsort, dem Guesthouse in Velania, einen Bulgaren trafen, der uns sagte: „Es gibt Morgen eine Veranstaltung an der Uni. Wollt ihr da nicht mitkommen?“ was dazu führte, dass wir am nächsten Tag ein persönliches Gespräch mit Bajram Rexhepi hatten (niemand geringerem als dem Innenminister des Kosovos) - am zweiten Tag.
Innenminister des Kosovos beim Gespräch mit uns


In der Zwischenzeit sind noch einige Tage vergangen und es ist so, dass es endlos weitergeht. Wenige Tage später, wieder im roten Saal der Uni, treffen wir kurz mal den Bildungsminister und seinen persönlichen Sekretär, mit dem ich heute ein Gespräch hatte. Überhaupt ist diese Tugend des schnellen Kontaktes das Wichtigste. Es gibt einige Regeln, die man dabei beachten muss, sozusagen eine Bedienungsanleitung für den persönlichen Kontakt im Kosovo:



  1. Man braucht ein Handy (auch gerne zwei) mit einer Karte von Vala (Telekom Monaco mit dem Slogan „Eshte e Kosoves- gehört dem Kosovo“) oder Ipko (Telekom Slovenien).


  2. Man muss seine Nummer immer bereit haben (am besten auswendig), um sie auch im Schlaf um drei Uhr nachts sagen zu können - falls jemand Wichtiges anruft.


  3. Man muss relativ flexibel sein und immer bereit für einen Kaffee in einem der tausend Lokale in Prishtina um das Gespräch dann zu führen.


Wir machen seit zwei Tagen an der Uni Prishtina einen Sprachkurs zusammen. Es ist unglaublich, mal vorbei zu kommen und am weltbekannten Seminar für albanische Sprache Literatur und Kultur zu partizipieren, der hier zum 29. Mal stattfindet. Lisa, meine Tandempartnerin, hat den Kurs eins genommen für Anfänger (wobei ich sie loben muss, mit welchem unglaublichen Tempo sie lernt) und ich hab den Kurs zwei genommen. Dieses Seminar, das international gedacht ist, hat auch (fast) nur internationale Studenten. Folgende Länder sind dabei: Deutschland, Österreich, Russland, Serbien, Polen. Ich bin erstaunt, wie gut sie alle albanisch können. Insbesondere die Erkenntnis, dass serbische Studenten aus Belgrad albanisch lernen, hat mir am Anfang Kopfzerbrechen bereitet. Dieses hat mit meiner besonderen Rolle in dem ganzen Gefüge zutun. Ich hab leider wenig albanischen Sprachunterricht genossen und durch die erzwungene Migration merkt man das. Für diese Migration war serbische Politik verantwortlich. Ich weiß das nicht diese Studenten dafür verantwortlich sind aber ein „Beigeschmack“ bleibt haften, sofern ihre Motivation nicht geklärt ist. Ich kann es noch nicht ganz einordnen muss aber sagen, dass ich hoffe, dass es sich aufklärt in einem offenen Gespräch.



Dieser Sprachkurs, der für mich das Highlight bisher darstellt, ist auch deswegen so bedeutsam, weil er mir die Entwicklung von mir selbst aufzeigt. 1990 hörte der normale Schulunterricht auf, es gab die kurze Phase der Privatschulzeit und danach die Migration. Schon alleine der Punkt, dass man 20 Jahre danach in einer Uni sitzen kann und diese Sprache erlernen kann frei, ist eine unglaubliche Entwicklung in diesem Land. Egal wer sie erlernen will - er kann es jetzt einfach tun.

Was den Alltag angeht, so muss ich sagen, dass er einfach angenehm ist. Lisa, alias Schlandschwester, ist das genaue Gegenstück zu meiner Person: gut aussehend, intelligent und unglaublich smart. Bis auf manche Kommentare, auf die ich verzichten könnte („Gutes serbisches Produkt“ oder „gemäß googel und dem Radio im Internet ist Kosovo serbisch“) hab ich sehr viel Spaß mit ihr. Mein albanisches Aufpassergen und meine ausgeprägte (nicht) Bereitschaft zum Kochen und Putzen hat sie schon aktiv in Angriff genommen und ich muss gestehen, sie tut es mit Erfolg - was bleibt denn sonst übrig für die nächsten drei Monate.

Was die Wohnung angeht da muss ich sagen, dass Sie einen großen Treffer gelandet hat.

Miri se vini ne Kosove…to be continued…

Dienstag, 17. August 2010

(lisa) Mein Blick auf die erste Woche....



Der Ausblick von unserem Balkon
Die Busreise beginnt am 10.08. um 15h in Stuttgart. Sie endet nach 26stündiger Dauerbeschallung durch albanische Musik- und Tanzvideos in unfassbarer Lautstärke (oh man, ich muss euch unbedingt einen Link raussuchen), einigen wenigen landschaftlichen Eindrücken aus Österreich, Ungarn und Serbien und einigen Erkenntnissen über die unglaubliche Schmiererei der Zollbeamten an der ungarisch-serbischen und serbisch-kosovarischen Grenze. Aber wir passieren die Grenze und ich klebe mit meinen Augen an der Fensterscheibe. Es ist einfach alles so aufregend! Unglaublich, endlich (fast) da zu sein. Am Ende drehen fast alle durch, ich gehe Mumsen auf die Nerven, zwinge ihn, mein GZSZ-Magazin (Abschiedsgeschenk der WG ;) mit mir zu lesen, der Busfahrer guckt sich die barbusigen Damen in der Glamour an, probiert etwas Lakritz von mir und spuckt es angewidert wieder aus (anscheinend kennt man im Kosovo kein Lakritz) und kommt dann auf die Idee, er könne sich doch mal mit mir verabreden und mich am besten gleich heiraten. Mire se vini!
Wir kommen am 11.08. gg. 17h in Prishtina an und sind einigermaßen geschafft, aber trotzdem bin ich auch irgendwie hibbelig und neugierig (natürlich!). Es geht ab ins Hotel, in ein etwas betuchteres Viertel in Velania in ein Guest House des 'verrückten' Professors (so wie er wohl in Prishtina bekannt ist...warum auch immer). Und dann bevor es dunkel wird um 20h noch ein wenig die Stadt erkunden. Es ist laut, chaotisch, sehr viel Verkehr, viele große EU Autos, ich finde die Leute mir gegenüber nicht so offen (wie ich z.B. die Erfahrung in Tirana machte). Aber der erste Eindruck ist trotzdem positiv und ich freue mich auf die nächsten Tage.
Eine Wohnung ist am nächsten Tag recht schnell gefunden - ein ziemlicher Glücksfall würde ich mal sagen. Mitten im Zentrum, Dachgeschoss, mit zwei Zimmern und riesigem Wohnzimmer und Wohnküche inkl. Riesenbalkon mit Blick über die gesamte Stadt. Zum erschwinglichen Preis! Wir können sofort einziehen. In einer Meeegaputzsession, in der Mumsen so die ein oder andere Erkenntnis hat nachdem er trotz Widerwille von mir verdammt wurde, das Bad zu putzen ('Stimmt man, hier ist es ja richtig schmutzig', 'Wir sollten Mietminderung verlangen', 'Das ist wirklich nötig,Lisa!' Ja, er putzt sich quasi in Rage... ;) wird die Bude dann auf Vordermann gebracht und sieht mittlerweile auch schon recht wohnlich auf. Sie hat so ihre Tücken, wie kochend heißes Wasser aus dem Küchenhahn, kein Wasser mehr ab 22h (was mich bis jetzt fast täglich aufgeregt hat, wenn man wieder verpeilt hat, sich vorher die Zähne zu putzen und wieder das abgefüllte Wasser nehmen muss, es kann aber ab und zu auch erfreulich sein "Oh geil, jetzt kann ich ja garnicht mehr abwaschen..;)" und einen unangenehm schrillen Pfeifton, den der Boiler gerne mal spät abends von sich gibt. Aber trotz Tücken ist es einfach DIE Wohnung in Prishtina ;) Jeden Morgen freue ich mich über den Hammerausblick und abends wenn wir am Kochen sind über die Muezzin-Rufe über den Dächern. Stammgast auf dem 'Green Market' ca. 8min von unserer Bleibe entfernt werde ich sicher auch bald sein...das Angebot fasziniert mich wie immer...vor allem die Berge von Wassermelonen. Grüne Spitzpaprika in 5kg Säcken zu 50ct sind wohl auch ein Markenzeichen von hier. Ein Beutel lagert auch schon bei uns in der Küche und wir müssen kreativ werden, was man mit grüner Paprika noch so alles anfangen kann. 
Nun geht es an die Ausarbeitung unseres Projektes, wir sind vorstellig bei den unterschiedlichsten Ministerien, erfahren höchste Anerkennung als Studenten aus Gjermani und produzieren Ideen. Seit gestern bin ich Mitglied im Fitnessstudio und Teilnehmerin am Albanischkurs (oooh mein Gott was für eine schrille Sprache!)....Aber das ist eine andere Geschichte!