eingeweiht am 17. Februar 2008

eingeweiht am 17. Februar 2008
Newborn Denkmal in Prishtina, eingeweiht am 17. Februar 2008.Aufbruch in eine neue Zukunft!

Mumsen und Lisa mitten drin!

Mumsen und Lisa mitten drin!
Mumsen und Lisa mitten drin!

Nach 3 Monaten

Nach 3 Monaten
Ein Bild zum Abschied - der Winter ist fast da, Lisa hat eine neue Frisur, Mumi eine neue Sitzhaltung....und wir sind voller Erlebnisse und Eindrücke....

Mire se vini

Ludwigsburg / Lüneburg 01.11.2010

Wir sind wieder zurück!

Der Aufenthalt im Kosovo ist beendet und wir sind mit unglaublichen Eindrücken, Erlebnissen, Fragen, Unsicherheiten und Erfahrungen zurückgekehrt in den Alltag. Als Erinnerung bleibt nicht nur dieser Blog!


Wer sind wir und was machen wir hier?

Wir sind Muhamet und Lisa, zwei Studierende von der PH Ludwigsburg bzw. Uni Lüneburg. Dank eines ASA Stipendiums haben wir die Möglichkeit bekommen, hier in Prishtina, Kosovo ein Projekt durchzuführen.

Hier auf diesem Blog wollen wir euch mit kleinen Anekdoten, Geschichten, Gedanken an unseren Erfahrungen Teil haben lassen. Es wird hoffentlich interessant, lustig, nachdenklich, schrill, aufklärend und und und. Rechts unter der Rubrik 'Seiten' findet ihr unsere Projektbeschreibungen und jeweilige Entwicklungen.

Viel Spaß wünschen wir!

Donnerstag, 14. Oktober 2010

(lisa) Mrs. Hillary und die Flaggen 13.10.2010

Die Stadt ist aufgeregt! Großer Besuch wird erwartet! Hillary Clinton ist auf dem Balkan unterwegs. Serbien und Kosovo stattet sie einen Besuch ab, um „die Führungen in Belgrad und Pristhina dazu zu bewegen, ihre Beziehungen zu normalisieren“. In Pristhina wird sie mit überdimensionalen Postern überall in der Stadt Willkommen geheißen.
 
In der Nacht vom 11. auf den 12. Oktober wird die Stadt in ein Meer aus Amerikanischen, Kosovarischen und Albanischen Flaggen verwandelt. Die Straßen sind gesäumt von den Flaggen und wirken ganz majestätisch, über der Fußgängerzone hängt ein Himmel aus Flaggen, auch Taxis fahren die Flaggen spazieren. Hillary wird mit Freude erwartet.
Am 12. idann st die Stadt pompös geschmückt.....aber irgendwas fehlt! Die albanische Flagge mit dem schwarzen Doppelkopfadler auf rotem Hintergrund wurde überall in der Stadt abgenommen (von einer Firma die sich um die Reinigung und Instandhaltung von Regierungsgebäuden kümmert, wie ich hinterher lese – 'Reinigung', das hört sich in diesem Kontext ja fast ein wenig böse an....). Hillary soll nur mit der Flagge der USA und der Flagge des Kosovo begrüßt werden. Die albanische Flagge hat da anscheinend nichts zu suchen. 

 
Als ich mit Mumsen darüber rede, wirkt er sehr getroffen. Das ist etwas, das ich mit meinem nicht so ausgeprägten Nationen-Gefühl nur schwer verstehen kann. Für viele Albaner hier hat die albanische Flagge eine sehr große Bedeutung, es ist die Flagge, mit der sie sich identifizieren. Die blaue Flagge, die das Wappen des Kosovos trägt – den Umriss des Landes sowie 6 Sterne, die die Ethnien im Land symbolisieren sollen – Albaner, Serbien, Bosniaken, Türken, Roma und 'andere Minderheiten' (oder manche sagen auch, der Stern gehört den Goranern) -  diese Flagge wird von vielen nicht akzeptiert, sie wird als etwas 'Gemachtes' als etwas 'Aufgedrücktes' gesehen, es sind Farben und Symbole, mit denen sich der Hauptteil der Bevölkerung nicht identifizieren kann.
Einerseits denke ich mir, es ist richtig, in der Flagge auf unterschiedliche Ethnien hinzuweisen. Denn darum sollte es hier gehen – um das friedliche Zusammenleben vieler Ethnien. So 'newborn' wie das Land eben ist, muss auch eine neue Flagge her, die der gesamten Bevölkerung gerecht wird. Das würde der schwarze Doppelkopfadler auf rotem Grund nicht sein. Andererseits besteht die Bevölkerung hier nun mal zu fast 90% aus Albanern und ich kann auch verstehen, wenn sie als Hauptbevölkerungsgruppe eine Identifikationsmöglichkeit mit ihrer eigenen Flagge fordern....
Ein Geschichtsstudent von der Uni Prishtina ist ganz erpicht darauf, mir von seiner Meinung zu berichten. Die albanische Flagge besitzt eine lange Tradition, die Farbe Rot steht für das Blut, das die Bevölkerung in all den Jahrhunderten im Kampf um die Unabhängigkeit Albaniens vergossen hat (seeeehr patriotisch wie ihr merkt...:-), auch der schwarze Adler hat eine wichtige Bedeutung, die ich allerdings in unserem Gespräch nicht richtig verstehe. Die Kosovarische Flagge findet er 'nicht so schön' wie er sagt. Seiner Meinung nach müssten beide Flaggen irgendwie kombiniert werden, das Rot und der Adler müssen erhalten bleiben, und dann könnte man vielleicht die Umrisse des Landes und die Sterne noch hinzufügen.
Hört sich gut an!
In Anbetracht der hier feilgebotenen Ramsch-Souvenirs mit Kosovo-Wappen, würde die Souvenir-Industrie sicher ein Nervenzusammenbruch erleiden, würde sich die Flagge nochmals ändern....



Montag, 4. Oktober 2010

Die deutsche Widervereinigung, das albanische Berlin und wie ich alles erlebte

Es ist spät heute. Es war ein langer und historischer Tag. Ich kam noch nicht dazu alles zu lesen und zu verarbeiten was da heute, nach 20 Jahren Widervereinigung, passiert ist. Der neue Präsident hat eine Rede gehalten und erläutert das er auch der "Präsident der Muslime" ist. Der Reichstag wurde in den Nationalfarben gehüllt und überall gab es Glückwünsche. Das ist Zweifelsohne ein großer Tag für Deutschland.


Er ist auch deswegen so groß weil ich heute erlebte was eine unglaubliche Teilung einer Stadt bewirkt. Ich bin 1983 in Mitrovice geboren. Mitrovice liegt im Norden des Kosovos und wird gerade von französischen, griechischen, dänischen, italienischen und marrokanischen Soldaten bewacht. Mitrovice ist das albanische Berlin. Es ist eine Stadt die seit dem Ende des Krieges 1999 geteilt ist. Jetzt schon 11 Jahre. Im Norden leben die Serben und im Süden die Albaner. Auf der Brücke, die Mitrovice teilt anstatt sie zu verbinden, ware heute die Polizei des Kosovos und Polnische, Italienische und Französische Soldaten der Kfro Friedenstruppe der Nato, die für eine ruhige Lage gesorgt haben. Mitrovica hat so viele Probleme als geteilte Stadt die sehr schwer zu schildern sind- zumal von einem der dort geboren ist. Die Industrie liegt brach, die ethnischen Spannungen nehmen immer wieder zu, die Zugverbindungen funktionieren nicht, 82% der Bevölkerung sind arbeitslos und es gibt wenig Hoffnung auf Besserung. Kurz gesagt: Es ist ein ständiges Pulverfass.

Mitrovice hat besondere Bekannschaft erlangt als im März 2004 die Unruhen im Kosovo dort ausbrachen, es 19 Tote und über 700 Verletzte gab und sehr viele religöse Objekte im ganzen Land verwüstet und abgebrannt wurden.

In dieser Stadt gibt es im Moment ca 2700 Fälle von Eigentumdelikten. Das heisst ca 2700 Leute haben keinen Zugriff auf ihren Besitz in Form von Häusen, Wohnungen oder Land. Diese Situation ist seit dem Kriegsende so. Eine Familie davon ist meine Familie die auf der Nordseite der Stadt eine Wohnung hat- in die sie nicht rein kann. Meine zwei Tanten und zwei kleine Kinder leben in einem "Haus" das einer Serbin gehört. Das haben die französichen Einheiten so geregelt vor 11 Jahren. So ist es geblieben bis heute. Der Betrag der inoffizielle kursiert über den Wert der Güter ist bei 11 Millionen Euro. Die KPA (Kosovo Property Agency) versucht licht zu bringen ins dunkle.

Im Fall meiner Familie sieht das wie folgt aus:

1. Wohnung der Familie Idrizi ist im Norden der Stadt. Dort wohnt ein Serbe Names Spasic.

2. Herr Spasic ist nach dem Krieg aus der Stadt Vushtrri geflüchtet aus seinem Haus. Dort Wohnt jetzt die Familie Hasani.

3. Die Familie Idrizi wohnt im Haus der Famili Kostic. Diese ist geflüchtet aus dem Haus weil ein Sohn der Dame Polizist war und in Kriegsverbrechen verwickelt war. Die Familie Idrizi wurde dort reingesetckt von den Franzosen- hat das Haus nicht besetzt.

4. Die Familie Kostic ist wiederrum im Norden in der Wohnung der Familie Bajrami. Diese ist die einzige die noch einen zweiten Besitz hat im Süden und somit nicht als Flüchtling in ihrer eigenen Stadt oder im eigenen Land unterwegs ist.

Alles klar???

Zusammenfassung: Es sind 5 Familie betroffen die alle keine Lösung finden. Doch heute kam Bewegung in die ganze Sache. Frau Kostic hat ein Angebot für ihr Haus bekommen über 16.000 Euro- von einem Investor. Sie fordert die Familie Idrizi mit ihren zwei Kindern auszuziehen bis zum 1.1.2011 oder das Haus selbst zu kaufen. Wenn sie das Geld hat kauft sie im Norden die Wohnung der Familie Bajrami.

Herr Idrizi musste heute Herr Spasic treffen um ihn zu sagen das er die Wohnung jetzt kaufen muss sonst hat er kein Geld für Frau Kostic. Leider ist Herr Spasic in Norwegen. Somit gibt es ein ernsthaftes Problem- das mich unterwartet traf mit meiner Familie. Kpa kann da nichts machen. Sollten meine Tanten raus müssen, was in Form einer Räumung mit der Spzialeinheit der Kosovopolizei passiert, wird sie keine Ersatzbude kriegen. Trotz des Status Refugee in der eigenen Stadt.

So geht es denn meisten Albanerin in der Stadt. Das Roma, Egypter und Ashkali Viertel wurde für 5,2 Millionen von US Aid aufgebaut. Dort gibt es freie Wohnungen die meine Tanten gerne nehmen dürfen. Das können sie aber, nicht weil sie nicht zu den Minderheiten gehören. Ist das eine faire Politik frage ich mich schon den ganzen Tag? Natürlich nicht.

Im Rahmen dieser ganzen Probleme hab ich die Einheitsfeier heute verfolgt und hab mir gedacht: " Wie schön wäre es doch wenn diese Stadt auch geeint wäre und man einfach wieder in seine Wohnung kann": Alleine aus dieser Geschichte herraus sollte Deutschland sich stets bewusst vor Augen halten was das für eine große Leistung ist. Auch wenn nicht alles perfekt ist.

Samstag, 2. Oktober 2010

Stuttgart 21, Sarrazin und der Atomkonsens- oder auch der Schwarz- Gelbe Nonsens- aus der albanischen Außenperspektive.




Seit ich hier im Kosovo bin passiert relativ viel in der Deutschen Politik. Manche sprechen gar vom neuen „Herbst“.

Bisher fiel mir in Deutschland nur die Debatte über Sarrazin auf. Ich hab nicht viel über sie gesagt, hab mir nur viel angeschaut und musste verdammt viel staunen. Wie kann es sein das einer der mit Emotionen spielt, mit Fakten bekämpft werden soll? In Deutschland fehlt die Debatte in Form von Emotionen. Ich rede nicht von Emotionen mit denen man sich bekämpft, Nein ich rede von Emotionen die überzeugen. Ich höre und lese was Herr Sarrazin von sich gibt und wundere mich darüber das ihm keiner einen richtigen Konter gibt. Wieso fragt ihn nur keiner was er denn so als Finanzsenator der Stadt Berlin getan hat für die Integration? Nicht viel. Viele werden sagen das es Unsinn ist ihn das zu fragen. Berlin hat doch kein Geld und wer arm ist (aber sexy) der hat keine Spielräume. Nein Spielräume hat er nicht aber jetzt einen Spielplatz in dem er sich beschwert über die Kopftuchfrauen und ihre Männer die leider keinen Sprachkurs besuchen konnten- weil Sarrazin selber diese “eingespart“ hat.  Ich hab das Gefühl das Deutschland durch die Politik sich gerade enorm schadet. Deutschlands Ruf in der Welt eilt ihnen voraus. Das Land in dem wir alle jammern ist draußen in der Welt oft ein Beispiel. Es Beispiel in dem die „Verhältnismäßigkeit“ eine wichtige Rolle spielt und in der Prozesse in der Mitte eine wichtige Rolle haben. Man versucht vom Vorbild zu lernen. In letzter Zeit wird das Vorbild aber immer mehr und mehr angekratzt. Die Rolle des Volkes wird unterdrückt. Minderheiten machen eine Politik und berufen sich auf ein Mandat, das so knapp war das es nicht mal nennenswert mehr ist als Mehrheit erwähnt zu werden. Der Staatsapparat wird gerade nach belieben eingesetzt.

Was den Atomkonsens angeht wird Deutschland seiner Vorreiterolle der regenerativen Energie auch nicht mehr gerecht. Man ist Weltmarktführer in der Technologie, aber ein Entwicklungsland in der Umsetzung. Wie kann man ernst genommen werden wenn man so handeln und reden (Nicht)verbindet?

Was Stuttgart 21 angeht so bin ich um so verwunderter seit Gestern. Diese Bilder der Demonstranten haben mich mitgenommen. Solche Szenen kenne ich aus dem Süden der Republik nicht. Ich kenne nicht die ganzen Quellenlage, was mich enorm stört da ich Wert lege auf die Möglichkeit es mir selber anzuschauen, aber was dort gezeigt wird ist ernst zu nehmen- und total unverhältnismäßig.

In einem Land das seit immer schwarz ist wird recht rabiat reagiert. Diese rabiate Art ist ein ernsthaftes Problem. Es liegt an zwei Sachen die ich für wichtig halte: Die S 21 Gegner haben einen Anspruch der Revision der ganzen Sache weil sich die Fakten einfach rabiat geändert haben. Nimmt man nur den Faktor des Geldes (wie ich böse sagen würde des Schwabens wichtigstem Kind) dann ist das eine enorme Schwankung von 2 auf eine unbekannte Zahl über 8 Milliarden nicht hinnehmbar. Potenzialität ist nicht hier gefragt. Es geht um Fakten. Aus einem Ei wird nicht immer ein Huhn und aus den 8 Milliarden Ausgaben werden nicht irgendwann, irgendwelche Einnahmen. Die Verhältnismäßigkeit ist während des Prozesses verloren gegangen. Dabei spielt keine Rolle ob jemand eine Alternative hat oder nicht. Anhalten und Nachdenken muss man. Das muss auch geschehen. Geschieht das nicht haben wir ein Problem.



Der andere Punkt ist jener das im Schwabenland der Protest von einer Gruppe getragen wird die eine Gruppe ist die immer mehr aus dem Blickfeld der Politik gerät je mehr man über sie redet: die Mitte. Die Schwaben so wie ich sie über fast 2 Dekaden nun kennenlernen durfte sind sehr Konsens orientiert. Das solche eine Eruption an Protest entsteht ist eine Gefahr für die Macht- da sie in der Form selten stattfindet aber wenn dann doch erfolgreich. Eine Mitte die diesen Protest trägt ist gefährlich weil sie nicht nur protestiert sondern auch Ressourcen hat. Diese Ressourcen, die von den der Palette der Mittel der Politik bis hin zum Recht auf Protest reicht, werden meistens Richtig eingesetzt. Der Protest ist intelligent und effizient organisiert und zeigt etwas, das ein Defizit in der heutigen Politik darstellt: Die Politik hat keine Antwort darauf wie man auf solche schnelle wechselnde Formen reagieren kann. Sie ist zu statisch. Hinterfragt man sein handeln wird man als wankelmütig bezeichnet- nicht als reflektiert.


Was mach ich? Ich sitze hier in Prishtina fest und bin nicht froh darüber. Ich schau mir das sehr interessiert an und überlege wie ich mich da einbringen kann. Ich bewundere es was da passiert. Weil trotz aller Änderungen doch etwas gezeigt wird. Es gibt eine Regung in der Bevölkerung die Demokratie nicht als eine Entscheidung abgibt die irgendwann getroffen wird sondern zumindest in Stuttgart verstanden hat das es ein Prozess ist. Für gewöhnlich brauche manche bissen länger aber wenn es läuft dann ist es langfristig. Ich glaube das Mappus ein ernsthaftes Problem hat- genau wie alle anderen Parteien im Land- denen das Souverän gezeigt hat das es nicht alles hinnimmt.

Wie beide rauskommen ohne Schaden ist nur die Frage? Eine Antwort gibt es auch schon: Mappus wird den Schaden haben- zusammen mit Frau Merkel. Fakten werden jetzt nicht mehr zählen, wenn man versucht Fakten zu schaffen. Das Volk wird auch Fakten schaffen mit Stimmzetteln im März 2011.

Dienstag, 28. September 2010

(lisa) Es regt sich was in der Hauptstadt....

Auch ich stelle nach nun 6 Wochen eine leichte Änderung der Stimmung in der Stadt fest. Mit dem langsam Einzug findenden Herbst (wirklich sehr langsam und vorsichtig) färben sich die Blätter in Prishtinas grüner Lunge Germia ganz bunt, es regnet mehr und der allabendliche 'Corsa' auf der Fußgängerzone wird dünner und kürzer. Ich habe das Gefühl, alles läuft ein wenig in geordnetere Bahnen (vielleicht auch nur, weil für mich alle Wege und viele Dinge mehr und mehr Routine werden), vielleicht kann man sagen, der Trubel des Sommers, die Aufregung um die vielen Besuche der im Ausland lebenden Familien und um die vielen Hochzeiten legt sich. Und trotzdem passiert viel.
Eine Sache, die mir außerdem auffällt, ist, dass seit ca. 2 Wochen viel mehr Polizei und auch wieder viel mehr KFor in der Stadt zu sehen sind, ich kann mir nicht erklären wieso, aber irgendwie ändert auch das die Stimmung.
Ich gerate manchmal ins Grübeln, ob ich die Stadt und die Mentalität ganz entspannt und locker oder sehr schnell und vital finde. Einerseits mahlen die Mühlen langsam, jeder nimmt sich Zeit für dich, Arbeitsprozesse dauern ewig, Emailadressen sind nie aktualisiert, man hat das Gefühl alles findet nur in Cafés bei macchiato te madhe statt, Probleme bleiben Probleme, Dinge verharren in ihren alten Strukturen.
Andererseits passiert dauernd etwas, bewegt sich alles so schnell, riesige Schlaglöcher befinden sich von einem auf den anderen Tag inmitten einer Straße und am nächsten Tag sind sie auch schon wieder weg, große Baustellen verwandeln sich in schöne asphaltierte Straßen, Häuser wachsen stetig Stock für Stock in die Höhe, Dinge erledigt man, indem man das Telefon in die Hand nimmt und sofort handelt, Cafés oder Läden, die man heute toll und interessant findet, sind morgen nicht mehr da, politische Debatten, die im Parlament geführt werden, finden sich sofort in Form von Protestplakaten auf der Straße wieder.
Man trifft unheimlich aktive Leute mit Ideen, Hoffnungen, Optimismus und nur ein paar Minuten später Leuten denen Resignation, Pessimismus und Ignoranz ins Gesicht geschrieben steht.
Viele internationale Organisationen versuchen viel zu bewegen. In der Fußgängerzone wird mit einer interessanten Müll-Inszenierung auf die unglaubliche Umweltverschmutzung aufmerksam gemacht, eine ergreifende Ausstellung auch in der Fußgängerzone macht auf die Schrecken aufmerksam, die immer noch viele Familien durchleben, da sie Vermisste im Krieg zu beklagen haben, deren Schicksal noch immer nicht geklärt werden konnte (auch politisch hier momentan ein sehr aktuelles Thema), die European Heritage Days finden statt und mit ihnen ein kleiner Bazaar, der traditionelle albanische Kultur in Form von Kleidung, Essen, Tänzen, Musik etc. vorstellt, das PriFilmFest, ein internationales Film Festival, findet zum 2ten Mal statt, mit vielen Filmen, die vor allem Thematiken rund um den Balkan behandeln, ein kleines KulturFestival '4tunedCities' beginnt heute (mehr unter www.4tunedcities.org), 'Albania's got Talent' hatte gestern eine Casting-Sequenz in Prishtina, eine Tourismus-Messe soll einerseits Einrichtungen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen andererseits jungen Prishtinalis bei der Jobsuche helfen...all das während es im Norden des Kosovo weiterhin zu Ausschreitungen zwischen den 2 Ethnien kommt (zuletzt nachdem die Albaner während des Basketball-Halbfinales Serbien-Türkei die Türkei unterstützen, und diese auch gewinnen), die Regierung und 'Opposition' um Weichenstellungen und Richtung des jungen Staates debattieren und der Präsident des Kosovo zurücktritt....

Und Lisa spaziert weiter durch die Stadt, hält die Augen offen, sammelt, hört hin, überlegt und beginnt die letzten 5 Wochen ihrer Reise....

(lisa) Zu Besuch in Nordalbanien - oder Kampf der Kulturen

Am letzten Wochenende war ich zu Besuch bei einer Familie in einem verlassenen Bergdorf in Nordalbanien. (Diese Familie hatte ich während meiner letzten Albanienreise im März kennengelernt).
Nordalbanien – vor allem die Bewohner der nördlichen Berglandschaft tragen den Ruf, noch sehr sehr traditionell und in ihren Strukturen verharrend zu sein. Oh jaaaa!
Mit Aleksi, dem 33jährigen Sohn (der einzige der Familie, der Englisch spricht) wollte ich am Sonntag auf eine Hochzeit gehen. Da hatte ich mich sehr drauf gefreut, denn Hochzeiten in Albanien / im Kosovo sollen etwas ganz besonderes sein (und leider ist die 'Hochzeitssaison' mit dem Monat September dann auch zu Ende – meine letzte Chance also). Nachdem wir  Sonntag früh aufgewacht waren und Aleksi wie immer aus dem Bett nach seiner Schwester rief, ihm Frühstück und heiße Milch zu bringen (unglaublich – aber ganz normal dort! Die Schwester ist um die 40, ist Lehrerin im Dorf, hat keinen Mann und keine eigene Familie, und wird somit den Rest ihres Lebens bei ihren Eltern im Dörfchen verbringen und auch ein wenig die Rolle als Haushälterin übernehmen), nachdem Aleksi nun jedenfalls wach war, kam die Schwester ganz aufgeregt schnatternd ins Zimmer und fing an rumzuwüten und rumzufluchen. Aufgrund von Gerüchten, die eine Nachbarin ihr gesteckt hatte, hatte sie entschlossen, dass Aleksi nicht mit mir zu der Hochzeit gehen dürfte, denn wenn die Gäste dann denken, wir zwei seien verheiratet, dann hätte Aleksi gar keine Chance mehr, eine Braut zu finden. Nach hitzigen Diskussionen (die ich ja alle nicht verstand) resignierte ich schon von selber, Tyrannenschwester legte also Aleksi Anzug, Socken und Schuhe zurecht und schickte ihn alleine auf die Hochzeit. Unglaublich! Aleksi fand das schade (vor allem, weil er im Vorfeld abgesprochen hatte, dass er mich mitnehmen will) und hatte kurz die Idee, mich als Journalistin mitzunehmen, fügte sich dann aber lieber. 'Er will einfach keinen Ärger mit Schwester und Mutter....'

Das Land, auf dem die Familie lebt, ist bereits zwischen Aleksi und Bruder aufgeteilt. Die Schwestern bekommen kein Erbe.
'Findest du das nicht unfair, dass deine Schwestern gar nix bekommen?'
'Ja, das ist schon unfair!'
'Und?'
'Ja, so ist das in Albanien. Die Frauen bekommen eben nix'

Ein Mädchen in dem Dorf wurde von einem Ziegenhirt vergewaltigt. Das Mädchen erzählt das nicht und geht schon garnicht zur Polizei. Wenn es öffentlich wird, dass sie vergewaltigt wurde, dann verliert sie komplett ihr Ansehen und wird keinen Ehemann mehr finden.

Kein Kommentar.

Auch die Blutrache gibt es hier noch ganz vereinzelt. Sie basiert auf dem Kanun und 'ermöglicht' Familien, Tötungen oder auch andere Verletzungen der Ehre mit dem Tod zu rächen.
Ich dachte, dies wäre so langsam ausgestorben. Aber anscheinend hält es sich in ganz abgelegenen Gegenden immer noch. Auf meine Frage hin, erzählt Aleksi, dass ein Freund von ihm gerade erst in solch eine 'Racheaktion' verwickelt war.

Der Kanun ist ein Gewohnheitsrecht, das seit dem 15. Jhr in Albanien und im Kosovo existiert und lange Zeit als eine Art paralleles Rechtssystem fungierte. Heute – wie ich gerade beschrieben habe – wird es immer noch in einigen abgelegenen Gegenden eingehalten. Der Kanun bestimmt(e) wichtige Aspekte wie das Schuldrecht, Ehe- und Erbrecht, Strafrecht, Jagdrecht oder Landwirtschaftsrecht. Auch das Leben in der Großfamilie, mit 3 Generationen unter einem Dach, wird vom Kanun zu Grunde gelegt.
Hier mal einige Beispiele aus der Deutschen Übersetzung (lange war der Kanun nur mündlich überliefert, zum Ende des 19. Jhr dann aufgeschrieben):


  • Sich nach dem Kanun verheiraten heißt, ein Haus gründen oder das Haus um ein Glied vermehren, sowohl für die Arbeit, als auch für die Vermehrung der Nachkommenschaft. Hat der Jüngling Eltern, hat er nicht das Recht: seine eigene Heirat zu bedenken, den Vermittler zu bezeichnen, sich in die Verlobungsverhandlungen einzumischen. Wenn das Mädchen auch keine Eltern hat, so hat es doch kein Recht, sich mit der eigenen Heirat zu befassen, das Recht ist in der Hand der Brüder oder Vettern. Das Mädchen hat kein Recht: den eigenen Gefährten zu wählen. Sie wird zu dem gehen, mit dem sie sie verloben. Das Mädchen hat kein Recht, sich in Vermittlung oder Verlöbnis einzumischen

  • Die albanische Frau hat kein Erbteil der Eltern, weder Grund noch Haus. Der Kanun hält die Frau als einen Überschuss, ein Anhängsel im Haus. Die Eltern haben keine Aussteuer, kein Heiratsgut für die Tochter zu bedenken; er, der sie nimmt, wird für sie sorgen. Sie ist schakull (Schlauch), in dem die Ware transportiert wird, d.h. Sie ist dazu bestimmt, die Kinder eines fremden Mannes (eines nicht Blutsverwandten) zu tragen, sonst aber, dem Blute nach, gehört sie ihrem Elternhause, wohin sie als (kinderlose) Witwe wieder zurückkehrt. Für zwei Dinge hat die Frau die Patrone im Rücken, und für einen Grund darf ihr die Quaste abgeschnitten und sie entlassen werden: 1. Für Untreue. 2. für Verletzung der Freundschaft. Für diese beiden Taten tötet der Gatte die Frau, sie bleibt ohne Schutz, ohne Gottesfrieden (die Eltern sind nicht zur Treue verpfichtet), und ihr Blut wird nicht gefordert

  • Man begrüßt sich mit dem Freund, nimmt ihm die Waffen ab, führt ihn ins Haus. Dem Freund wird mit Brot, Salz und Herz Ehre erwiesen. Das Brot, Salz und Herz, den Holzblock und Streu für das Lager findet der Freund zu jeder Stunde des Tages und der Nacht. Dem müden Freund wird aufgewartet mit Diensten und Ehrbezeugung. Dem Freunde werden die Füße gewaschen. Für jeden Freund braucht es die Speise, an die er selbst gewöhnt ist. Für den guten Freund braucht es Kaffee, Branntwein und gedeckten Tisch mit einer Speise des Überflusses. Betritt dir der Freund dein Haus, hat er dir seine Schuldigkeit bezahlt. Kommt dir der Freund ins Haus und er schuldet dir selbst Blut, du wirst ihm sagen 'Gut, dass du kamst'. Der Freund wird begleitet, so weit er begleitet zu sein bittet.

Ich muss sagen, diese und noch viele weitere Stellen des Kanun konnte ich (wenn auch in abgemilderter Form) erleben.

Samstag, 25. September 2010

Worte von Mutter Theresa für unsere albanischen Leser- zum 100 jährigen von ihr.

Liebe Leser, ich bitte um Nachsicht, dass manche Buchstaben wegen der Tastatur nicht perfekt sind im Albanischen. Ich bitte um eine Übersetzung ins Englische. Einfach an unsere Email posten: asaprojectprishtina@gmail.com


Cila eshte dita me e bukur: sot. (Welcher Tag ist der Schönste: Heute)
Gjeja me e lehte: gabimi.          ( Die leichteste Sache: Der Fehler.)
Pengesa me e madhe: frika.      ( Das größte Hindernis: Die Angst)
Burimi i cdo te keqeje: egoizmi.(Die Quelle allen Übels: Egoismus)

Argetimi me i bukur: puna.        ( Die beste Unterhaltung: Die Arbeit)
Disfata me e keqe: merzia.        (Die größte Niederlage/Unglück: Langeweile)
Profesoret me te mire: femijet.   (Die besten Professoren: Kinder)
Nevoja kryesore: komunikimi.   (Der Hauptbedarf: Kommunikation)

Gezimi me i madhe: te jesh i dobishem per te tjeret.  (Die größte Freude: für andere nützlich zu sein)
Fshetesia me e madhe: vdekja.     ( Das größte Geheimnis: der Tod.)
Mangesia me e madhe: moskenaqesia.( Der größte Mangel: die Unzufriedenheit.)
Njeriu me i rrezikshem: rrencaku.( Der gefährlichste Mensch: der Lügner.)
Ndjenja me e keqe: mllefi. (Das schlimmste Gefühl: die Wut.)
Dhurata me e bukur: falja. ( Das größte Geschenk: Vergebung.)
Gjeja me e nevojshme: familja. (Die notwendigste Sache: Die Familie.)
Rrota me e shpejte: drejtesia. (Das schnellste Rad: Das Recht.)

Perjetimi me i pelqyshem: paqja shpirterore. ( Das schönste Erlebnis: der innere Frieden.)
Mbrojtja me e suksesshme: buzeqeshja. (Die erfolgreichste Verteidigung: Das Lächeln.)
Mjekimi i me i mire: optimizmi.(Die beste Medizin: Optimismus)
Kenaqesia me e madhe: kryerja e detyres. (Die größte Freude: Beendigung einer Aufgabe.)

Fuqia me e madhe ne bote: feja. (Die größte Macht auf Erden: die Religion.)
Njerzit me te nevojshem: prinderet. (Die wichtigsten Menschen: die Eltern.)
Gjeja me e bukur: dashuria. ( Die schönste Sache: die Liebe.)

Samstag, 18. September 2010

Der Alltag, die Änderungen und die Politik.

Seit ungefähr einer Woche hat sich die Stimmung im Kosovo wesentlich geändert. Es ist ruhiger geworden und trister. Die Albaner aus der Diaspora sind weitestgehend aus dem Stadtbild verschwunden mit ihren unzähligen Kennzeichen der fremden Länder, das Wetter schlägt ein bissen mehr ins Graue um und die Krähen, Tauben und Vögel vermehren sich wie beim Film von Hitchcock „Die Vögel.“ Am späten Abend kann man immer das Phänomen beobachten, dass endlos viele Vögel, meistens Krähen, über die Dächer von Prishtina fliegen und auf unserem Dach eine nette Zwischenlandung machen.

Was die Stimmung angeht ist sie trotz allem tagsüber sehr aktiv. Am Abend wird es jedoch ruhig. Es ist nicht mehr so, dass viele Menschen auf den Straßen sind. Eine allgemeine „Beruhigung“ hat eingesetzt. Ich kenne den Kosovo nicht aus dieser Perspektive, da ich bisher immer nur um die Sommerzeit da war. Damit meine ich die Zeit, in der es von Albanern aus der Diaspora wimmelt. Somit ist es auch für mich eine neue Erfahrung, die ich hier mache.

Eine neue Erfahrung war die Tage auch eine Sequenz im Parlament. Wir waren Gäste von Driton Tali, dem unabhängigen Kandidaten im Parlament, den wir zwei nur „Westerwelle“ nennen weil er Ähnlichkeit mit ihm hat. Die Sitzung ging um ein Thema, das den Kosovo sehr bewegt politisch. Seit dem Kriegsende gibt es eine große Welle der Privatisierung von Staatsbetrieben. Es läuft fast gleich wie mit der Treuhandgesellschaft in der DDR, die nicht nur gut war wie wir alle wissen.

Im Kosovo ist die Privatisierung soweit, dass die „großen“ Staatskonzerne jetzt privatisiert werden. Diese Sitzung handelte von der Privatisierung der PTK (Post und Telekommunikation des Kosovo). Der Wert der Privatisierung ist irgendwo zwischen 300 und 600 Millionen Euro und betrifft 3000 Mitarbeiter. An sich hört sich das alles Recht unspektakulär an bis auf die Sache, dass im Kosovo 40% Arbeitslos sind und dieses Unternehmen einer der größten Arbeitgeber ist.

Vor der Hauptsitzung gab es eine aktuelle Fragerunde und den 'Internationalen Tag der Demokratie' (ja das wird hier gefeiert und war ein bisschen wie der 'Tag der offenen Türen'), bei dem alle da waren - die gesamte Regierung. Nach circa 10 Minuten war die Regierung weg. Der zweite Vorsitzende des Parlamentes blieb noch da und der Finanzminister Shala, der das ganze Leid und die Beschwerden der Abgeordneten und der Oppoistion einstecken musste. Es juckte ihn aber nicht wirklich. Ich war erstaunt und zugleich zutiefst erschüttert über diese Gleichgültigkeit.

Der einzige Hoffnungsschimmer war Driton Tali. Er attackierte den Finanzminister richtig hart und kümmerte sich nicht wirklich arg darum, ob ihm das Wort abgeschnitten wurde am Mikrofon. Ich war froh eine kleine Opposition zu sehen und jemanden, dem es nicht egal war, ob die Privatisierung “300 oder 600 Millionen einbringen würde“ (zum Vergleich das BIP von Kosovo ist ca 1 Mrd.). Er warf dem Minister persönliche Bereicherung vor und daher macht die „Differenz“ nichts aus, warf ihm Korruption vor und redete sich richtig in Rage. Das gefiel mir, weil es ein kleiner Hoffnungsschimmer in der Landschaft ist.

Das ist der Alltag im Kosovo nach über einem Monat. Es macht Spaß das alles zu sehen.

Me, My Brother and Mister Pieter Feith

It was a Friday afternoon when I visited the supermarket next door. We are living in the centre of Prishtina next to the OSCE Building, so its nothing new that we meet some “important” people in our daily live. On that afternoon in the “Hipermarket” it was a special feeling.

I was standing in line to pay and to go to the city with my Brother Liridon, as he told me that he forgot something and went away from the line to get it. While waiting for him all people paid. It was my turn and I was turning around to look for him as suddenly two bodyguards and Mister Feith went directly into my direction. A bit surprised to see one of the most powerful persons in Kosovo I was saying to him: “Oh Mister Feith. How are you doing?” while the bodyguard looked at me in a strange way. He answered: “ Well nice thanks. The day is over and everything went nice.” At that moment my brother came back. He brought a chocolate and some biscuits. I smiled and asked Mister Feith: “ Is there a political reason? (for his good mood)? And he answered: “Well your government is still in power!”.

I’m not sure anymore if I misunderstood the situation (I don’t think so), but I answered him: “Well  Mister Feith I think my government will still be in power here when you are not here anymore.” and went out. The bodyguards looked like they would have liked to kick my ass. Mister Feith was seriously surprised about the answer.

To understand that conversation maybe it’s important to know that Pieter Feith has all competences to stop laws made by the government, can kick ministers from the government, and is one of the big global players in Kosovo to find the way how we should act and can act.

Some people told me that it was a compliment of him that he was seriously happy that on that day everything was going fine, while I had the feeling he wants to demonstrate power and was surprised about the answer because he didn’t expect such an answer from an Albanian.

This I sometimes like about daily life in Kosovo. Meeting the world in a supermarket.

Sonntag, 12. September 2010

(Mumsen) Die Sache mit der Unabhängigkeit, Die UN Resolution, die Vermissten und Gespräche

Im Moment passiert auf der politischen Bühne recht viel. In der Bevölkerung interessiert es jedoch recht Wenige. Im Fernsehen läuft mehr Basketball wegen der WM in der Türkei als Nachrichten. Die Menschen nehmen alles nur am Rande zur Kenntnis und interessieren sich nicht recht arg dafür.

Die UN Resolution, die am Freitag verabschiedet wurde, wird nachhaltig eine Änderung der Kooperation zwischen Prishtine und Belgrad herbeiführen und dennoch juckt es die Menschen recht wenig. Ich glaube erst, dass die direkten Gespräche, die folgen werden früher oder später, sie erst aufwecken werden.

Bei diesen Gesprächen die unglaublich wichtig sein werden, wird es viel zu reden geben und Serbien wird dann nicht so leicht weg kommen wie mit der Resolution mit der EU zusammen.

Bevor es Gespräche geben wird muss ein klarer erster Schritt erfolgen, der außerhalb der Floskeln stattfindet: Die Regierung in Belgrad muss sich entschuldigen und seine Schuld eingestehen für die Verbrechen, die sie begangen hat.

Am 30. August war der 'Internationale Tag der Vermissten'. Ein Tag mit einigen Aktionen, die Aufsehen erregt haben. Eine Initiative die sich „Youth Initative for Human Rights“ nennt hat in der Fußgängerzone von Prishtine viele Paar Schuhe hingestellt und die Frage gestellt „Wo sind noch 1837 vermisste Personen?“ Diese Aktion hat auch mich berührt und ich muss sagen, dass bei diesem Thema nicht mehr von technischen Gesprächen gesprochen werden darf, denn sie sind zu tiefst menschlich und wichtig. Dass diese Gespräche erfolgen müssen, ist sehr wichtig aber die Rollen müssen schärfer geklärt sein, nicht wie bei der UN Resolution, bei der man nie weiß, wo man ist.

Weitere Themen, über die gesprochen werden muss:

-         Der Fond der Pensionen, den Serbien einfach kassiert hat
-         Der archäologische Schatz des Kosovo mit seinen 1250 Ausstellungstücken, der noch in Serbien ist und nach einer Wanderausstellung in Serbien nicht zurück gegeben wurde im Jahr 1999
-         Anerkennung der Dokumente beider Staaten und die Anerkennung der Diplome
-         Ein Austausch nach dem deutsch-französichem Beispiel zwischen beiden Staaten, damit der Frieden langfristig ist
-         Ausschaltung der serbischen Parallelstrukturen im Norden des Kosovos
-         Auslieferung aller Kriegsverbrecher
-         Minderheitenrechte der Serben im Kosovo und der Albaner im Süden von Serbien

Ich bin gespannt, wie das alles passieren wird. Es gibt von beiden Seiten viele Vorbehalte und Manöver, die jederzeit eine Gefahr des Scheiterns herbeiführen können. Ein Weg daran führt aber nicht vorbei. Auch die albanische Bevölkerungsmehrheit und die serbische Mehrheit müssen dabei ihre Rolle neu definieren und sich finden - damit sie ihre Interessen bekunden können und so zum Wohl dieses Prozesses beitragen. Gleichgültigkeit wird dann nicht mehr möglich sein. Die WM im Basketball wird bis dahin auch zu Ende sein.

(Mumsen) Spannungsfelder

Jetzt bin ich heute genau einen Monat im Kosovo. Es ist unglaublich, wie viel ich gesehen und erlebt habe. Täglich lerne ich mehr und mehr dazu.

Ich sehe aber auch täglich Spannungsfelder, die einen schnell aufreiben können. Es sind extreme Kontraste zwischen arm und reich, zwischen chic und ärmlich, Schubkarren und Autos, die ich selten in Deutschland sehe, zwischen Menschen, die Geld rauswerfen und Bettlern - an gleicher Stelle. Kontraste sind auch in den Ministerien zu sehen. Hier weht ein Kampf zwischen dem kommunistischen Gedanken in den Hinterfeldern und der neuen Generation in den oberen Gremien. Ich hab oft den Eindruck, dass die alten Garden das Rennen machen und es sich gut gehen lassen ohne etwas zu tun und somit auch die Ambitionen der Oberen stoppen.

Es lässt sich sagen, dass keine richtige Mitte ersichtlich ist. Es gibt sie zu selten und wenn sie anzutreffen ist, dann nur, damit sie nach oben strebt. Erst hier wird mir klar, wie verdammt wichtig sie ist, diese so oft genannte Mitte.

Spannungsfelder gibt es ohne Ende. Damen, die mit High Heels durch die Stadt laufen und im Schlamm landen wegen der Baustellen und es dennoch nicht aufgeben. Jungs, deren wichtigstes Lebensmerkmal „gut aussehen“ und eine coole Brille haben, sind. Ein Verkehr, der keine Art von Regeln einhält und Fußgänger in unglaubliche Gefahr bringt.

Trotz allem gibt es auch diese andere Seite, diese Gastfreundschaft, bei der dir jeder sogar sein letztes Stück Brot gibt, diese Merkmale der Kommunikation, in der man viel miteinander redet und sich findet. Irgendwie auch wenn es nicht komplett ist - es ist ausreichend.

Es gibt diesen Kontrast hier, zwischen 'Wir hassen unsere Politiker für das was sie tun', und 'Wir lieben sie abgöttisch'. Es gibt diese Einstellung gegenüber den Internationalen, die zwiespältig ist, zwischen 'Gut, dass sie da sind' und 'Sie sollten gehen'.

Es gibt eine Einstellung, 'familiär' zu denken, zum eigenen Vorteil, 'regional' zu denken zum eigenen Vorteil und 'institutionell' zu denken, zum eigenen Vorteil. Korruption nennt das keiner hier, denn es ist keine, sondern eher Tradition aus der Geschichte heraus.

Ich bin hier seit einem Monat, bewege mich dazwischen, versuche zu verbinden und es gelingt zum Teil, andererseits werde ich beäugt und mit Vorsicht genossen - vielleicht auch gerade wegen der Spannungsfeldern, die ich aufzeigen kann: in der Handlung, im Denken, in der Richtung. Ich werde anders beurteilt in meinen Handlungen, weil ich auch eine Gefahr und Konkurrenz darstelle. Das wird mir immer wieder klar. Oft wird es mir auch direkt gesagt.

Die Brücke von Mitrovice symbolisiert für mich dieses Hin und Her, zwischen irgendwo und nirgendwo, die Spannung, die in der Luft liegt - im Spannungsfeld. Was mich hält und erhält ist die Tatsache, dass ich vertraue in eine Richtung. Ich bau auf, auch wenn ich scheitern kann. Ich bau auf, weil ich denke, dass man hier Reibungsfläche braucht - um etwas entstehen zu lassen.

Eigene Spannungsfelder werden mich noch lange beschäftigen. Das weiß ich sicher.

Donnerstag, 9. September 2010

(lisa) Busfahrt auf albanisch

Meine 4 Tage Kurzurlaub mit meinen Eltern an der montenegrinischen Küste waren nun also vorbei und ich musste den Bus zurück nach Prishtina nehmen. Eine ca. 9stündige Busfahrt durch die Nacht ab Podgorica, der Hauptstadt Montenegros, stand mir bevor.
Ich hatte also mein Ticket gekauft und wartete schon am richtigen Einstiegsplatz. Als der Bus ankam, drängelten sich die meisten Leute direkt zur Tür, aber ich musste erstmal zum Kofferraum um meinen Rucksack dort abzulegen. Zurück zur Bustür fand ich da ein unglaubliches Gewusel und Durcheinander vor und einen Busfahrer, der die Tür blockierte und irgendwelche Reden schwang, die alle anderen Mitreisenden unglaublich empörten. Ich dachte ja eigentlich, dass alles gut ist mit einem gekauften Ticket in der Hand, aber in Anbetracht der Menschenmege konnte garnicht jeder einen Platz in diesem Bus erhalten. Na super, dachte ich mir! Eins und eins zusammenzählend und einige wenige albanische Wörter verstehend, konnte ich mir zusammenreimen, dass der Busfahrer darüber aufklärte, dass gleich noch ein Bus käme, in dem dann genug Platz sei. Als ich gerade jemanden um eine Übersetzung bitten wollte, rollte hinter uns auch schon ein weiterer Bus an, zu dem dann die Hälfte der Leute hin abzog. Da ich mein Gepäck schon in den Gepäckraum gequetscht hatte, wollte ich jetzt aber mit diesem Bus fahren. Also stellte ich mich brav an, was natürlich allen anderen so was von egal war und ich somit schön zur Seite gedrängelt wurde und mich immer weiter vom Ziel 'Bustür' entfernte. Ich hatte Assoziationen mit dem Film 'Titanic', in dem jeder verzweifelt versuchte, einen Platz im Rettungsboot zu ergattern. So jedenfalls verhielten sich die Leute. Als ich das gerade bemerkte, kam schon ein starker Arm zur Hilfe, der mich vorschub und in die Bustür drückte. Während sich meine Tasche irgendwo verfangen hatte und ich kurz auf der Treppe feststeckte, hatte ich schon weitere Hände an mir, die sich entweder an mir hochziehen wollten oder mich wieder rausziehen wollten. Wer weiß! Dass die Plätze so begehrt sind, hätte ich nicht gedacht. Tja, es wurde wohl nix aus einer gemütlichen Busfahrt, bei der ich mich schön über mehrere Sitze ausbreiten und dann schön schlummern konnte.
Während in meinem Bus noch das totale Gewusel war und ungefähr 10 Leute auf dem Gang standen, sah ich wie der Bus neben uns schon losfuhr und ich dachte mir, "Mist, wäre ich doch mal in den eingestiegen, das dauert bei uns bestimmt noch ewig". Aber Pustekuchen, in dem selben Moment fuhr auch unser Bus los. Haha, echt unglaublich, für die Leute im Gang war es wohl das normalste überhaupt. Dann ging im Bus nebenan kurz das Licht an und ich sah, dass die es noch viel schlimmer getroffen hatten, dort drängten sich die Leute quasi im Gang....Nun ja, ungefähr 10 Minuten später hielten wir kurz und es stiegen weitere Gäste dazu. Die Fahrgäste, überwiegend junge Männer übrigens, fingen natürlich an zu dritt sich auf die Sitze zu quetschen. Aufrücken war angesagt. Mein Sitznachbar war dem Dritten anscheinend gleich so vertraut, dass er seinen Arm um ihn legte und seinen Kopf auf seiner Schulter stütze. Ziemlich schnell war die Stimmung im Bus auf Hochtouren, Dinge wurden hin und her gereicht, Geschichten erzählt, gelacht, gegröhlt, gekabbelt, Pullover verliehen und als in den Musikvideos (ihr kennt sie schon aus dem 1. Blogeintrag ;)barbusige Bikinischönheiten zu albanischen Hip Hop Beats ihre Körper kreisen ließen, war keine Ruhe mehr in Sicht ....und ich würde trotzdem sagen, dass die sich alle vorher nicht untereinander kannten. Was für ein offenes, gastfreundliches, herzliches, entspanntes Völkchen sich doch hier mal wieder zeigte, dachte ich mir. Das beeindruckte mich schon sehr. Nunja, die Hip Hop Videos sollten aber schnell abgelöst werden von den traditionellen Sängern, die dann wieder nonstop in unglaublicher Lautstärke liefen und ab und zu meinen Hintermann animierten, fröhlich mitzusingen, wofür ich ihm nachts um 4h am liebsten eine aufs Maul gehauen hätte!! (Scherz, das hätte ich natürlich nie getan! Aber gerade unter Schlafmangel hat man ja die skurillsten Ideen). Ein Beispiel solcher Videos könnt ihr euch angucken unter http://www.youtube.com/watch?v=GUV0fz_A_mE. Typisches Muster würde ich sagen: immer ein/e Sänger/in auf einer komischen Bühne, umgeben von mehreren entweder traditionell oder sehr aufreizend gekleideten Tänzerinnen.
Ein bisschen mulmig war mir noch vor den Grenzen, ich wusste nicht, ob wir Serbien durchfahren würden, wo es dann mit meinem Pass hätte Probleme geben können. Denn Serbien erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo ja nicht an und somit auch nicht deren Grenze zu Serbien. Als ich in den Kosovo durch Serbien eingereist bin, habe ich somit keinen Ausreisestempel aus Serbien erhalten. Auf meiner Reise nach Montenegro bin ich durch Albanien gefahren, das heißt auch diesmal keinen serbischen Ausreisestempel erhalten. So hätte ich also in Serbien einreisen müssen, mit nur einem Einreisestempel ohne dazugehörigem Ausreisestempel...dabei gibt es wohl öfter mal Probleme. Ich hatte mir schon Plan B überlegt, falls ich mitten in der Nacht, irgendwo in den Bergen den Bus hätte verlassen müssen. Aber gar kein Grund zur Sorge, entweder wir sind nicht über Serbien gefahren oder es hat also doch nicht gestört...ich weiß es nicht, bin aber problemlos und mit lauter Glücksgefühlen und Freude übers Zurücksein gegen 6h morgens in Pristhina eingerollt. Noch ganz verschlafen aber mit gutem Wetter erwartete mich das Städtchen....

Nachtrag: Hinterher lese ich nochmal über die Ein- und Ausreise nach. Eine Ausreise aus dem Kosovo über Serbien ist nur dann möglich, wenn man vorher auch auf dem Landweg über Serbien eingereist ist. Denn bei einer Einreise nach Serbien über das Kosovo erhielte man keinen serbischen Einreisestempel an der Grenze, so könnte bei der Ausreise aus Serbien dann ein Aufenthalt ohne Einreisestempel festgestellt werden, der wiederum einen Verstoß gegen das serbische Ausländerrecht darstellt und somit zur Festnahme führen kann.
Über meinen konkreten Fall konnte ich nix finden!


(lisa) Über Besuche bei Ministerien, direkte Kommunikationswege und einfache Kontaktaufnahme



In der kurzen Zeit, in der ich erst hier bin, habe ich wahrscheinlich so viele unterschiedliche Politiker und (vermeintlich) wichtige Persönlichkeiten kennegelernt sowie Zutritt zu Institutionen, Ministerien etc. erhalten, wie es mir wohl in meinem gesamten Leben nicht mehr passieren wird. Und dabei war das eigentlich immer ganz problemlos und einfach und begann meistens mit folgenden Sätzen von Mumsen (die ich auf albanisch wahrscheinlich bald aufsagen kann ;)'Wir sind zwei Studenten aus Deutschland....wir arbeiten an einem Projekt....' Und fast immer war sofort Interesse und Entgegenkommen vorhanden. Oft helfen (familiäre) Beziehungen aus, ins Gespräch zu kommen oder noch ein Stück weiter zu kommen.

Von dieser Sicherheitskonferenz am 1. Tag hier hatte ich ja schon berichtet. Nachdem der Innenminister dort gesprochen hatte, kam Mumi auf die Idee, ihn doch mal anzusprechen. Nach seinem Vortrag sind wir also zu ihm hin, es folgten die 2 berühmten Sätze (und noch einige weitere natürlich). Der Innenminister hat früher als Arzt gearbeitet, natürlich zufälligerweise in dem Ort, wo Mumi seine ersten 9 Lebensjahre verbracht hat. Man stellt also fest 'Ach, sie kennen doch meinen Vater, ja wissen Sie noch, Sie haben mich doch früher mal operiert...' Und schon ist man ganz vertraut mit dem Innenminister, der uns dann für den nächsten Tag auf ein Treffen einlädt. Am folgenden Tag zweifel ich noch ein wenig daran, ob es denn alles so klappt. Doch ohne Probleme gelangen wir dann in sein Empfangszimmer, wo wir ihn nur leider beim Fernsehengucken stören...Seine Mitarbeiter und Sektretäre sind voller Ehrfurcht und erheben sich sobald er (und auch wir!) den Raum betreten....

Nachdem Mumi von Deutschland aus schon mit dem Bildungsministerium Kontakt hatte, erhielten wir eine Telefonnummer, bei der wir uns melden sollten. Das taten wir auch und sollten dann im Bildungsministerium erscheinen. Nach einem Hin und Her durchs Ministerium, bei dem man feststellte, dass Freitags um 15h hier eigentlich kein Büro mehr besetzt ist und wir nur auf jemanden treffen, der zurückgelehnt in seinem Schreibtischstuhl, die Beine auf den Tisch gelegt, ein Buch liest, erhalten wir die Aufforderung, am Montag nochmal wiederzukommen. Klappt auch alles. Gespräch mit einem Sekretär des Bildungsministers.

Auf ähnliche Weise laufen Besuche beim Kultusministerium und beim Sozialministerium ab. Ein bisschen Hin- und Hergefrage und -gerenne, aber man wird immer sofort weitergeleitet, erhält Informationen und die gesuchten Personen (oder deren Vertreter) nehmen sich oft sofort Zeit. Und immer wieder frage ich mich, wie es in Deutschland laufen würde, wenn man einfach in ein Ministerium hereinspaziert....Versucht haben das sicher noch nicht viele....

Türsteher beim Duplex (Diskothek): von dem Polizeieintritt hatte ich ja schon berichtet. Jedenfalls war der Laden erstmal für weitere Gäste gesperrt, bis nicht geklärt war, wie es weitergeht. So standen wir also vor dem Eingang rum und warteten. Die Türsteher wollten uns partout nicht reinlassen. Nachdem Mumi (..so langsam kenne ich mich auch schon ein wenig aus und zische Mumi nur zu 'Los, versuch dich mal mit dem zu unterhalten')und einer der Türsteher aber feststellten, dass deren Väter aus dem gleichen Dorf stammten, verstanden sie sich sofort hervorragend und wir sollten doch mal schnell zum Hinterausgang kommen, wo er uns dann kurz die Tür aufmachen würde....

Ich sitze im Café um die Ecke, weil mein Internet mal wieder versagt hat und es hier guten Wireless Empfang gibt. Nach stundenlangem Skypen und Emailschreiben bin ich eine der letzten im Laden, so dass der Chef mich am Ende auf ein Gläschen Rotwein einlädt und mit mir quatschen will. In 2 Wochen eröffnet er ein neues Restaurant, ob er mich nicht auch zu der Eröffnungsfeier einladen könne....Aber gerne doch! So einfach geht das.

Nachdem wir über mehrere Ecke Kontakt zu einem Studi haben, der so eine Art Asta hier leitet und der uns bei Fragen bzgl. unseres Projektes gerne zur Seite steht, eröffnen sich weitere Türen. Als ich ihm erzählte, dass ich gerne im Radio eine kleine Ankündigung machen will, meinte er, er kennt da jemand, den wir mal fragen könnten. Als wir dann also in den Büros des Radiosender herumwandern, stellt sich heraus, dass er nicht persönlich jemanden 'kennt' sondern nur weiß, dass es eine Radioshow gibt, bei der wir mal nachfragen können. Auch hier sind wir also mit dem gleichen Rezept erfolgreich: Einfach mal hineinschneien und nachfragen, meistens schon spätestens 1 Tag später am Ziel sein.

Seit einiger Zeit hängen Plakate aus, die eine Dokumentation über die Boxlegende des Kosovos Asis Salihu ankündigen, die Premiere dazu soll im mittlerweile bekannten ;) Grand Hotel stattfinden. Das finden wir auch interessant. Mumi geht ins Grand Hotel an die Rezeption und lässt die Sätze los...Hmm die Rezeptionistin kann ihm wohl nicht weiterhelfen, aber im gleichen Moment kommt der Boxer höchstpersönlich durch die Lobby gelaufen und Mumsen solle sich doch mal an ihn wende...gesagt getan. Er ist natürlich von seinen Sätzen gleich ganz angetan und lädt uns sofort für den Abend ein. Einige Stunden später sitzen wir also am Tisch mit irgendwelchen crassen Politikern, die mir fragen stellen wie 'Lisa, was denken Sie denn über die Globalisierung' und als Unabhängige im kosovarischen Parlament sitzen, einem Mitarbeiter des Innenministers und einem ehemaligen UCK Kämpfer, der unter anderem bei der Gaza-Hilfsflotte Ende Mai einer der Aktivisten war (!!!!!!!!!!), bekommen ein 4-Gänge-Menü (wirklich genaus das gleiche wie bei der anderen Veranstaltung) serviert und haben unseren Spaß....aaaah ich drehe gleich durch!!




(lisa) Abschied auf albanisch und andere Kuriositäten der letzten Wochen

Der Sprachkurs und auch das 'International Seminar on Albanian Language, Culture and Literature' war nun also beendet und das sollte noch gebührend gefeiert werden. Mal wieder wurden wir zu so einer obskuren Umsonst-Veranstaltung eingeladen. Ein großes Essen im Grand Hotel. Der Festsaal und die gesamte Stimmung erinnern an kommunistische Zeiten (nun ja, so wie ich sie aus dem Fernsehen kenne). Das soll sich alles ändern nach dem 1. Gang (bestehend aus Wurstscheiben, Käsescheiben, Schinkenstücken,halbes gekochtes Ei mit Mayonnaise → ich glaube, das ist so richtige ordentlich deftige Balkan-Küche....fleischlastig und fettig! Das bestätigte sich auch beim Hauptgang: 3 Pommes, 2 Karottenscheiben und 2 große Steaks, 1 Putenfilet und mehrere Spieße...aaaaahhh). Was sich jedenfalls änderte....unsere Kurslehrerinnen ergriffen die Initiative, auf die Tanzfläche zu gehen und mit ihrem albanischen Tanz zu beginnen. Dieser besteht aus einer einfachen Schrittfolge, erhobenen Armen und sonst nix. Man fasst sich dabei an den Händen, die man nach oben hält und etwas auf- und abschwingt und bildet eine lange Kette (hmm so ähnlich wie bei dem griechischen Sirtaki vielleicht), der erste der Kette hält ein Tuch in den Händen, mit dem im Takt geweldet wird. Ab und zu bricht jemand aus der Kette aus, um dann in der Mitte ein kleines Tänzchen zum Besten zu geben. Normalerweise kommt dann das jeweils andere Geschlecht noch hinzu und es wird eine Art wilder Balztanz geführt (ihr könnt euch vorstellen, wer sich hauptsächlich im Kreis befand....Mumsen!!). So läuft es zwischen den Gängen, so dass sich das Essen gut und gerne auf 4 Stunden ausdehnt. Eine sehr schöne Sache muss ich sagen. Und wenn man sich einmal überwunden hatte, sich auf diese Geschichte einzulassen, machte es ziemlich Spaß!!
Eine schöne Entdeckung für mich während der letzten heißen Wochen war die grüne Lunge Prishtinas, der Germia Park. Dieses Gelände befindet sich im Nordosten von Prishtina und besteht aus Wäldern und Wiesen, dazwischen: Sportplätze, eine kleine Konzertfläche, Imbiss-Stände oder Restaurants sowie ein riesengroßes sozialistisch anmutendes Freibad (das mich beim ersten unerwarteten Anblick aufgrund der Größe und Lage in Staunen versetzte). Man braucht ungefähr 15min aus der Innenstadt dorthin und kann bequem die Buslinie 4 nehmen, die fast genau vor unserer Haustür losfährt. Die Busse sind Relikte aus Deutschland, Frankreich und anderen Ländern der vielleicht so 70er Jahre. Man liest 'Sortie', 'Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen', große Aufschriften wie 'Bregenzer Landbus' oder altmodisch kreative Werbeslogans z.B. der Firma 'Reich Fenster', die dann lauten 'Der Wind kann jetzt schön weiter brausen, aber das tut er nicht mehr drinnen, sondern nur noch draußen'. Wohooo...was für ein Aufreißer!! Die Busse sind funktional, wenn auch oft etwas heruntergekommen (aber man merke, keine Tags oder Grafittis..), in vielen Bussen sind aber hochmoderne Flatscreens angebracht (was für ein Kontrast!!) auf denen dann entweder Gedudel von Britney Spears läuft (oh Wunder, nicht die traditionell albanische Musi) oder das Kinoprogramm von vor 2 Wochen angezeigt wird. Es gibt immer einen Busfahrer und einen dazugehörigen Geldeinsammler, die Fahrt kostet 30ct, egal wieviele Stationen man fährt. Einfaches Prinzip. Ein- und Ausgestiegen wird an den Bushaltestellen, oder überall dazwischen, nur das muss dann während leichter Fahrgeschwindigkeit geschehen, was für die wenigstens ein Problem darstellt. Die Fahrt nach Germia führt durchs Altstadtviertel und dann durch eine total zusammengewürfelte Landschaft. Man merkt, dass man sich aus dem Stadtzentrum entfernt, denn alles wirkt entzerrter und man findet mehr Freiräume. Am Straßenrand und weiter hinaus in der beginnenden Hügellandschaft findet man futuristische Blöcke, die Häuser darstellen sollen, imposante (!!) Villen, Hausskelette, Ruinen, Häuser im Schwarzwald Style. Interessant und sicher auch mal eine genauere Untersuchung wert! Zum Joggen eignet sich dieser Ort ganz hervorragend und an einem ersten kühlen Vormittag nehme ich es in Angriff. In meinen Informationen wird noch davor gewarnt, nicht unbedingt vom Weg abzukommen, da noch die eine oder andere Landmine vorhanden sein könnte. 2004 waren offiziell immer noch nicht alle Landminen entschärft und man konnte wohl noch Kinder finden, die in unmittelbarer Nähe zu Minenmarkierungen spielten. Na Dankeschön! Die Yugoslav National Army hatte früher ihre Lager hier in den Wäldern. Das war der Grund für all die Mienen. Unterwegs trifft man Leute die Spaziergänge machen, Familien mit Hunden, anmutig aussehende Herren mit Gehstock und Plis auf dem Kopf (die traditionelle männliche Kopfbedeckung hier, die ein wenig an eine halbe Eierschale erinnert), Jogger/innen, Sportteams beim Training...Nach ca. einer halben Stunde finde ich eine kleine Quelle am Wegesrand. Jemand hat sogar kleine Plastikbecher daneben gestellt. Ich erfrische mich ein bisschen während ich mal wieder finde, wie gastfreundlich und sozial die Leute doch hier sind (dass sie sogar Plastikbecher an einer Quelle bereit stellen... :). Die Stunde durch Wälder und über Berge hoch und runter tut gut. Vor allem die einigermaßen frische Luft tut gut. Denn wenn Prishtina ein Problem hat, dann ist es ein Staub- und Smogproblem. Mumsen und ich hatten zu Beginn hier öfter Nasenbluten und unsere tolle Theorie erklärt das damit :) Die Stadt ist unglaublich überfüllt von Autos (ein erhebliches Verkehrs- bzw. Infrastrukturproblem kommt also auch noch hinzu), dazu kommt die Trockenheit und die vielen Baustellen. Manchmal hat man das Gefühl, man kann nicht mehr richtig atmen. Die Wohnung ist voll mit Staub und der Kampf dagegen ist aussichtslos. Die Ladenbesitzer verschütten vor ihren Geschäften Wasser, um so etwas gegen die staubige Luft zu tun. Ab und zu sieht man so eine Art Bewässerungsfahrzeuge, das mit einem riesigen Wassertank beladen die Straßen befeuchtet. Zu diesem Zwecke vielleicht sinnvoll, aber sonst ist Wasserverschwendung hier wohl recht gängig (Autowäschereien sind das Boom-Geschäft hier, lecke Leitung überall, laufende Wasserhähne...). Um dem ein wenig entgegenzusteuern wird dann nachts zwischen ca. 22h und 6h das Wasser abgestellt.
Weiterhin fällt mir hier auf, wieviele junge Leute unterwegs sind. Offizielle Zahlen bestätigen das auch: über 1/3 der Bevölkerung ist unter 16 Jahren, mehr als 50% sind unter 25, der Bevölkerungsanteil der über 65jährigen beträgt nur ungefähr 6%. Die Bevölkerungspyramide muss man sich mal vorstellen!! In der Fußgängerzone und vorallem beim allabendlichen (verstärkt am Wochenende) 'Schaulaufen' dort fällt das ungemein auf. Dieses Schaulaufen (hier genannt corso, in Albanien eher 'xhiro') ist ganz interessant, es wird sich schick gemacht und in der Fußgängerzone stolziert, gerne auch mehrmals auf und ab, oder man setzt sich an den Rand und beobachtet ein wenig (da gibt’s auch durchaus viel zu beobachten!!!). Die Fußgängerzone mutiert zur Vergnügungsmeile mit Ramsch-Verkäufern, Popcorn und Maiskolben-Verkäufern, Teste-deine-Stärke-Boxanlagen und sonstigem Schnick Schnack. Das Nachtleben setzt sich fort in den vielen Bars, Cafés und Nachtclubs. Auf der einen Seite gibt es die kleinen, versteckten, alternativen Läden, für deren Erreichen die Leute mit ihren Stöckelschuhen durch Baustellen durchklettern müssen, dann die vielen schicken Bars mit frisierten Cocktails und zu guter Letzt die großen Diskotheken, in denen es wohl eher ums Aussehen als ums Tanzen geht (was mir natürlich ziemlich schnuppe ist und wo ich aufgrund guter Musik trotzdem ziemlich viel Spaß haben kann). Die Läden sind männerdominiert, als Frau kommst du vorbei an den Warteschlangen und hast sofort Eintritt. Die Frauen haben die kürzesten Kleider und die höchsten Absätze aller Zeiten an. Deswegen können sie sich aber nicht richtig bewegen und stehen nur dumm rum und beäugen sich gegenseitig. Seit zwei Wochen hat mein Favorit (naja, und der einzige Laden, in dem ich bis jetzt wirklich war) Probleme mit der Polizei, weil ihnen irgendeine Genehmigung fehlt, die das Musikspielen nach 24h erlaubt. So rücken nun ab ca. 1h Polizeieinheiten an, die die Leute rausschmeißen und den Laden dicht machen. Der Club steht wohl in Verhandlung mit der Stadt über diese Genehmigung aber kann einige Voraussetzungen dafür nicht erfüllen. Ich hoffe, er bleibt am Leben! Das werden wir am kommenden Wochenende weiterverfolgen....

Montag, 30. August 2010

(lisa) Projekt.....mittendrin! und Nachtrag

(lisa 29.08.2010)
Projekt.....mittendrin!


Meine Projektidee konntet ihr ja nun mittlerweile schon begutachten. Und ich würde sagen, ich stecke mittendrin. Das Konzept ist fertig, ab morgen wird es das dann hoffentlich auch in Albanisch geben. Das hängt davon ab, ob die zuckersüße Juljana es rechtzeitig schafft, das Dokument zu übersetzen. Zum Ende unseres Kurses hat sie uns ganz lieb ihre Hilfe angeboten, bei allem was kommen mag, auch wenn wir mal nach Tirana kommen wollen, dann wäre sie uns behilflich bei Hotelsuche etc. Naja, ich dachte ich könnte gleich mal ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Da die Hauptaufgabe ja nun darin besteht, Bewohner Prishtinas ausfindig zu machen, die sich zu einem Interview bereit erkären, habe ich einen Flyer entworfen. Mir gefällt der eigentlich schon ganz gut und eigentlich will ich den diese Woche in den Druck geben, damit ich dann ganz wild flyern kann. Über 5 Ecken habe ich nun auch Kontakt mit einem Studenten, der irgendeine Art Student-Center leitet, naja jedenfalls etwas, wo es Mail-Verteiler und somit eine Verbindung zu den Studis von hier gibt. Damit wäre schon mal eine Bevölkerungsgruppe abgedeckt. Die Mail ist schon verfasst und wird diese Woche auch rausgeschickt. Ich hoffe, mein Telefon wird nicht mehr still stehen :) Das erste Interview habe ich auch schon hinter mir. Mit einem 24jährigen, den ich letzte Woche in einer Bar kennengelernt habe und der recht gut Englisch sprach. Er war gleich sehr interessiert und da habe ich ihn gefragt, ob er nicht mein erster Interviewpartner sein will. Gesagt getan! Ich bin zufrieden und erleichtert, dass ich das 1. Interview hinter mir hab, aber ich denke es gibt auf jeden Fall Verbesserungsbedarf. Das Interview war definitiv zu lang. 1:50 Std. Ich muss wohl doch ein wenig spezifischer fragen oder mir einen generellen Fragenkatalog zusammenstellen, mit Fragen, die ich dann allen stelle. Ich denke, ich sollte die Interviews auf 30min verkürzen und dann vielleicht noch höchstens 30min Extrazeit gewähren. Es wird zwar sicher super interessant werden, aber ich will mich ja nicht dumm und dämlich transkribieren....
Mein erster Interviewpartner war wie gesagt ein 24jähriger Arbeitnehmer, der sein ganzes Leben in Prishtina gelebt hat. Er hat sehr ergreifende, interessante Dinge erzählt, crasse Geschichten, die auch bei mir hervorriefen, 'that your hair goes up like this'. Den Krieg scheint er garnicht so ernst genommen zu haben, er war 14 Jahre alt bei Kriegsausbruch und erst im Rückblick erkannte er, in was für einer Gefahr er sich mit seiner Familie eigentlich befand, als sie z.B. auf ihrer Flucht von Prishtina nach Prizren (südlich von Pristhtina) in ein 2stündiges Kugelgefecht zwischen serbischem Militär und UCK (Kosovarische Befreiungsarmee) Kämpfern gerieten. Jetzt im Nachhinein wird ihm klar, was seine Eltern für eine schreckliche Angst vor dem Krieg hatten. Gelassen erzählt er, wie er Experte für Bomben und Militärflugzeuge wurde, er konnte immer sofort erkennen um welches Modell etc. es sich handelte (und entschuldigte sich dann, einiges wohl wieder vergessen zu haben). Er sah den Krieg für sehr nötig; die ethnischen Säuberungen und Unterdrückung der Albaner durch die serbische Regierung konnten so ja nicht weitergehen. Aber er hatte auch schon immer serbische Freunde und wünscht sich einen friedlichen Umgang beider Bevölkerungsgruppen miteinander. Er könne aber auch verstehen, dass z.B. sein Freund, der während des Krieges stundenlang zusehen musste, wie seine Mutter und seine Schwester von serbischen Soldaten vergewaltigt und misshandelt wurden, immer noch kein Wort mit einem serbischen Bürger sprechen kann. Wenn ich so etwas höre, stoße ich schon fast an meine Grenzen des Verständlichen. Ich frage mich, was alles passieren muss, um einen Dialog zu schaffen, um wahren Frieden zu erreichen zwischen den Ethnien, um die Vergangenheitsbewältigung voranzubringen. Junge Generation – es gibt viel zu tun! Hajde Hajde!
Mein nächster Termin steht am Dienstag an. Wir haben 10 Minuten (!!!) Sendezeit in einer Radioshow erhalten. Das war garnicht so schwierig zu bewerkstelligen. Mit dem besagten Studenten von diesem Studenten-Center haben wir uns einfach mal vorgestellt und schwupp, nach ein paar Verhandlungen stand es auch schon fest. Eigentlich müsste man ja für Marketing auch was bezahlen, aber da ich ja etwas für Prishtina mache, 'würden sie mich da schon unterstützen'....aufregend! Nach einer kleinen Tour durch die Radiostudios, wo überall an den Türen das 'on air' blinkte, bin ich nun doch ein wenig aufgeregt. Aber zum Glück muss Mumsen das Moderieren ja übernehmen. Nach einem kleinen Entwurf eines Moderationstextes gestern und einer bühnenreifen kleinen Übung, wie er das denn so alles rüberbringen wolle und sich dabei eh nicht an den vorgegebenen Text halten wolle, bin ich ganz zuversichtlich. Er wird daraus schon eine gekonnte 'Ein Mann Show' machen (wie es seine Freundin so treffend formulierte :)
Aber das....wie war das....ach ja, DAS ist dann sicher eine andere Geschichte! 



Nachtrag
Von wegen....Ein Mann Show....da hatte ich mich geschnitten. Wir kamen also pünktlich um 8.20h im Radiosender an und wurden auch glücklicherweise erwartet. Die dubiose Absprache hatte also wirklich funktioniert...grandios!!...und alle wussten Bescheid. Die Moderatorin der Sendung kam zu uns und stellte sich kurz vor. Sie hatte diese übertriebene freundliche Gute-Laune-Stimme aufgelegt und sprach vor allem fließend Englisch. Nachdem sie feststellte, dass auch ich gut Englisch spreche, wollte sie das Interview bzw. die Projektpräsentation doch lieber direkt auf Englisch mit mir machen und dann live übersetzen. Gut! Mein Herz begann wie wild zu klopfen und ich glaube, ich hatte einige Schweißausbrüche. Eigentlich hatte ich ja geplant, nur daneben zu sitzen, während Mumsen schön auf Albanisch seine Reden schwingt. In Windeseile habe ich nochmal mein Konzept durchgelesen und versucht, mir einige Formulierungen bzw. Hauptaussagen zu überlegen. Die 10 Minuten Sendung verliefen super, die nette Moderatorin hat Fragen gestellt, auf die man sehr gut antworten konnte. Bei unserem kleinen Auftritt ging es vor allem darum, die Bevölkerung aufzurufen, uns für ein kleines Interview zur Verfügung zu stehen und uns von ihrem persönlichen Lieblingsplatz in Prishtina zu berichten. Mumi meinte, man hat gemerkt, wie sehr ich in der Materie drinstecke und dass es alles sehr gut rübergekommen sei. Naja, wenigstens etwas ;) Meinen Adrenalinpegel konnte ich trotzdem erst im Laufe des Nachmittags wieder einigermaßen bändigen. Maaaaaan, das war wirklich unglaublich spannend!!
Von der Sendung gibt’s leider keinen Mitschnitt aber die nette Moderatorin meinte, sie hätte noch eine andere Show, für die sie mich gerne nochmal einladen würde. Dann hätte man auch mehr Zeit, außerdem wäre das nicht live, so dass ich dann bestimmt einen Mitschnitt kriegen würde! Hoffentlich wird’s was! Viele Rückmeldung für Interviews gibt’s leider noch nicht....

Dienstag, 24. August 2010

(mumsen) Vortrag des Aussenministers Hyseni an der Uni und meine Frage....

Die albanische Diaspora und ihre Rolle....


Seit ich hier im Kosovo bin und weiß, dass ich für einen längeren Zeitraum hier sein werde, stellen sich mir viele Fragen. Es sind Fragen, die schon seit langem in einem sind und viele Albaner (so glaube ich) aus der Diaspora beschäftigen.

Im Rahmen des Seminars an der Universität in Prishtine wird am Montag der Außenminister Skender Hyseni zum Thema „ Internationale Konsolidierung des Staates Kosovo“ referieren.

Ich kann nicht leugnen, dass ich im Rahmen dieser Vorlesung insbesondere auf den Aspekt der Rolle der Diaspora-Albaner gespannt bin.

Im Kosovo ist es gerade so, dass jeder zweite, mit dem man kommuniziert und der aus dem Ausland kommt, zu hören kriegt, dass sie hier sind um ihre Staatsangehörigkeit aufzugeben.

In mehrfacher Hinsicht ist diese Entwicklung erschreckend - sowohl für die Person selbst, als auch für das Land in dem sie lebt, sowie für den jungen Staat Kosovo.

Wenn man von einer Konsolidierung spricht, also einer „Sicherung oder Festigung von etwas Bestehendem“ so ist zu hinterfragen, inwiefern das Bestehende und dessen Festigung ohne die Albaner der Diaspora zu erreichen ist?

Die Albaner der Diaspora, insbesondere jene aus dem Kosovo, um die es hier überwiegend geht, haben einen unglaublichen Anteil am Erfolg dieses Staates. Egal aus welcher Ecke der Welt sie agiert haben, sie haben es mit vollem Herzen und voller Tatkraft getan. In der Zeit, in der sie jedoch agierten, konnten sie nie direkte Rechte, hierbei ganz besonders zu erwähnen, das Wahlrecht, in Anspruch nehmen. Dieses Mittel der politischen Partizipation und als wesentliches und wichtigstes Instrument der Demokratie war ihnen stets verwehrt. In Zeiten, in denen sie es nun nutzen könnten, geben sie es ab. Wie sollen sie ihrer Rolle zur Konsolidierung nur beikommen? Wenn sie nicht politisches Interesse und politische Partizipation praktizieren können?

Für die Person, die ihre Staatsangehörigkeit aufgibt entstehen neue Möglichkeiten. Sie kann an einem neuen System partizipieren ( in Deutschland wählen) und ihren individuellen Werdegang und ihre Ressourcen erweitern durch die Aufgabe einer Staatsangehörigkeit und den Gewinn einer anderen. Jedoch lässt sich nicht abstreiten, dass im gefühlten Zwischenraum oft Konflikte bestehen. Eine absolute Teilhabe und eine Brückenfunktion mit entwicklungspolitischen Änderungsmöglichkeiten ist nicht mehr gegeben.

Der Staat der viele Menschen als Staatsbürger verliert, verliert viel Potenzial. Das Potenzial des Staatsvolkes schwindet und er schaut einfach tatenlos zu. Es ist verwunderlich.

Hinzugefügt nach dem Vortrag des Ministers:

Nach dem Gespräch mit dem Außenminister wird ersichtlich, dass es keine Linie gibt. Auf meine Frage: „Welche Rolle spielen die Auslandsalbaner und insbesondere der Aufbau von Konsulaten, die funktionieren, zur Konsolidierung?“ muss er eingestehen, dass es keinen Plan gibt dafür und dass es (mal wieder) daran liegt, dass wir keine „Tradition hätten wegen der Unterdrückung und wegen der nicht vorhandenen menschlichen ausgebildeten Ressourcen“. Es ist ersichtlich, wie wenig ausgeprägt das Interesse an den Auslandsalbanern ist. Es gibt genug gut ausgebildete Leute, die einen guten Abschluss haben in Deutschland und die diese Funktion übernehmen könnten. Das Bildungsministerium hat sogar eine Brain Gain Programm gestartet und schon alleine in dieser Datenbank müssten sich Leute finden. Wenn aber der Wille nicht da ist, dann wird sich das auch nicht ändern.

Sonntag, 22. August 2010

(lisa) Der Sprachkurs...

Um vielleicht doch mal über das 'Hallo', 'Danke' und 'Auf Wiedersehen' hinauszukommen, besuche ich also seit letztem Montag einen Albanisch Sprachkurs. Ziemlich Glück hatte ich dabei. Denn seit Montag findet hier an der Uni Prishtina ein Sprachkurs statt. Erfahren davon hatte ich erst 2 Tage vorher, nachdem ich im Auslandsamt der Uni nach einem Sprachkurs gefragt hatte. Wie das hier so läuft (ich lerne es...) macht man sich keine Gedanken um Anmeldungen o.ä. sondern erscheint einfach zur Eröffnungsveranstaltung. Das taten wir dann auch – und nach einer feierlichen Eröffnung, dem Fernsehen vor Ort, einer Rede durch den Bildungsministern und einem anschließenden Ausklang bei Schweppes-Dose und Buffet fragte ich mich mehr und mehr, was sich denn nun eigentlich hinter diesem 'Sprachkurs' verbirgt.
Es handelt sich dabei um das 'International Seminar for Albanian Language, Literature and Culture'. Dies ist ein zweiwöchiges Seminar, das 1974 von der Uni Prishtina gegründet wurde, sich an Studierende, Professoren und Forscher richtet und neben albanischen Sprachkursen auf drei unterschiedlichen Niveaus weitere Fachvorträge und Veranstaltungen rund um das Thema albanische Sprache und Literatur (diese sind leider alle auf Albanisch, so dass ich nicht daran teilnehme) beinhaltet. Es ist wohl ziemlich renommiert und ein sehr großes Event im Land. Es fand ab 1974 jährlich statt, musste dann ab 1989 aufgrund der Unterdrückung der albanischen Kultur durch die serbische Regierung ausgesetzt werden, und findet seit 2000 nun aber wieder regelmäßig statt. Es wird komplett finanziert durch das kosovarische Bildungsministerium. All diese Info über das Seminar an sich finde ich erst im Laufe der Woche heraus und finde es ein wenig skurril muss ich sagen. Die Teilnehmenden sind für 2 Wochen im Grand Hotel untergebracht und werden komplett versorgt (das fällt bei uns natürlich weg – wir haben ja unsere Wohnung), es kostet sie keinen Pfennig, sogar eine Exkursion inkl. Essengehen ist mit dabei. Wir werden ausgestattet mit Mappen, Albanischbüchern, Stiften und Papier. Eine wirkliche Bewerbung findet nicht statt, laut Teilnehmer schickt man 'einfach mal ne Email an die Uni' und gut ist. (Also Leute – die Chance 2 Wochen bezahlten Urlaub in Prishtina nächstes Jahr zu machen!!) Ist natürlich eine tolle Sache, aber ich hoffe dabei auch, dass eben so viel in die Ausbildung der eigenen Landsleute gesteckt wird....
Nun denn, alle Lernwütigen werden also in drei unterschiedliche Niveaus aufgeteilt und sammeln sich in ihren Kursen, in denen sie zweimal täglich 1,5 Stunden Albanischunterricht haben. Kommen wir nun zu meinem lieben Anfänger-Anfänger Kurs, in dem ich mich schon fast ein wenig heimisch fühle. Ich liebe ja Sprachkurse sowieso, aber Sprachkurse in einer derart fremden Sprache machen aufgrund der vielen Verwirrungen, des Durcheinanders und der zusammenschweißenden Verzweiflung einfach doppelt so viel Spaß. Wir sind ein kleiner Kurs. Angeführt von der strengen aber unglaublich herzlichen Juliana aus Tirana, auf die man jeden Morgen wieder gespannt sein kann, was sie denn aus ihrem Kleiderschrank gezaubert hat – knallenge Seidenhosen, Leoparden-Pumps, durchsichtige Rüschenblusen, knallrosa Lippenstift, blauer Lidschatten, ein enges Tshirt mit einem glitzernden Schwein drauf, das für sie – wie sie uns herzlich lachend schildert – ein Symbol für Gjermania ist. Wieso genau, das kriegen wir leider nicht raus. Jeden Morgen begrüßt sie uns gütig auf albanisch und möchte uns gleich ins Gespräch verwickeln. Das klappt meistens nicht und man versucht sich des öfteren im Kurs gegenseitig auszuhelfen, da fliegen auf einmal irgendwelche Erklärungen auf Spanisch, Französisch, Englisch, Italienisch und Deutsch umher. Zu verwirrend. Zu herrlich! Zu ihrem Ritual jeden morgen gehört, einen neuen Satz einzuführen. Dann heißt es 'Ok from now on you are not allowed anymore to say 'I have a question', but instead you say 'qziwohaoiqzwowizeowehwoewoew' So kommt das bei mir dann ungefähr immer an und ich sage dann lieber gar nix mehr. Fragen habe ich auf einmal auch gar nicht mehr! Mit einer Leichtigkeit in ihrer Stimme fordert sie dich blitzartig auf, an die Tafel zu gehen und dort irgendwelche wilden Konjugationen vorzuführen. Einspruch zwecklos. Aber ihre Devise lautet immer: Zuckersüß! Und wenn man nicht zugehört hat oder etwas zu oft fragt, dann kommt mit einem strafenden Blick und vorwurfsvoller Stimme 'I explained you today....'. Ich stehe jeden morgen eine halbe Stunde früher auf und mache noch meine Hausaufgaben...
Neben Juliana ist da also eine Nordengländerin, die einen kosovarischen Ehemann hat, ein Psychologe aus Berlin, der durch seine Betreuung von Flüchtlingen einen Bezug zum Kosovo hat und wirklich der strebsamste und ehrgeizigste Schüler aller Zeiten ist, eine Italienierin, für die Juliana alles noch ins italienische übersetzt, da sie kein Wort Englisch spricht (und ich so auch nicht genauer weiß, was sie tut), ein netter Pole mit langem Bart, der seinen Vater – einen Eulex Mitarbeiter – in Prishtina besucht, ein Deutscher, der seine Doktorarbeit über die 'Ethnische Separierung' o.ä. schreibt, ein ruhiger und runder tschechischer Professor, eine Österreicherin, die lange in Mazedonien gearbeitet hat und viel mit Albanern zu tun hatte und zwei französische Kinder, deren Eltern ursprünglich aus dem Kosovo kommen und die ihre Muttersprache leider nur wenig sprechen (und wenn, dann grölen sie irgendwas in den Unterricht rein, worauf sie von Juliana Ärger kriegen, dass sie nicht solch einen Slang sprechen sollen – dazu muss man sagen, dass Juliana ja aus Tirana, Albanien kommt und sich das Albanisch dort zu dem kosovarischen Albanisch wohl sehr unterscheidet). Albanien ist sprachlich gesehen (naja oder auch kulturell wie einige behaupten) in zwei Dialekte gespalten, im Süden spricht man Toskisch, was als Hoch-Albanisch bezeichnet wird und die 'offizielle Sprache' des Landes ist, in Nordalbanien spricht man Gegisch, einen starken Dialekt. Tirana bildet hierbei ungefähr die Grenze. Das Albanisch im Kosovo gleicht wohl eher dem Gegischen. Wenn ich Mumsen mit meinen gelernten Vokabeln nerve, stellen wir schon öfter fest, dass er ganz andere Worte benutzt oder die Worte auch nicht kennt (er kommt ursprünglich aus dem Norden des Kosovos).
Man man da sind jedenfalls schon interessante Sprachen vertreten, die die anderen in petto haben: mazedonisch, serbisch, creolisch, griechisch, bulgarisch..
Für mich ist es unglaublich schwer. Zum ersten Mal lerne ich eine andere Sprache als eine romanische oder germanische Sprache. Man kann sich kaum etwas herleiten oder Parallelen zu Bekanntem feststellen, hinzu kommt, dass Albanisch (so ähnlich wie Polnisch vielleicht?) mit 5 verschiedenen Fällen ziemlich verwirrend ist, die Namen verändern sich je nach Fall (aus Boris wird Borisit), Nomen verändern sich je nach dem ob sie bestimmt oder unbestimmt gebraucht werden (aus Prishtina wird Prishtine...diese Regel werde ich sicher lange nicht anwenden können...)Ich kann mir Worte einfach partout nicht merken (abgesehen von meinen 3 Standardwörtern...). Der Klang ist natürlich fern ab von allem, was ich kenne. Momentan kämpfe ich noch gegen meine spanische Aussprache der Wörter an. Aber ich bin ja viel mit Mumsen unterwegs und lausche seinen Floskeln, die ich mittlerweile auch schon woanders wieder raushören kann...und zu gerne die ganze Zeit vor mich hin sage. Natürlich in den unpassendsten Situationen. Es wird! In 3 Monaten erzähle ich euch bestimmt schon ne kleine Geschichte :) Auf jeden Fall wird hier jeglicher Versuch, albanisch zu sprechen, sehr herzlich aufgenommen und die Einwohner freuen sich richtig. Auch wenn sie dann oft lieber auf Deutsch umschweifen, das hier wirklich viele Leute sprechen (bzw. einige Floskeln eben nur). Meine Hemmschwelle ist auch noch recht groß, Gelerntes einfach mal auszusprechen (hängt bestimmt auch damit zusammen, dass man jedes Mal danach n Knoten in der Zunge hat...).
Aber, 3 Tage Kurs kommen ja noch! Bei der OSZE habe ich schon nach einem möglichen Platz in einem Sprachkurs für Mitarbeiter angefragt. Aber DAS ist dann sicherlich eine andere Geschichte...